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Politiker muß Vorbild sein

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Dürfen Fragen nach dem Lfebensstil eines Politikers gestellt werden? Müssen sie es - ohne Rücksicht auf die Folgen? Und gibt es noch parteiinterne Freiräume dafür?

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Dürfen Fragen nach dem Lfebensstil eines Politikers gestellt werden? Müssen sie es - ohne Rücksicht auf die Folgen? Und gibt es noch parteiinterne Freiräume dafür?

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Natürlich müssen Fragen nach dem persönlichen Lebensstil eines Politikers gestellt werden, Fragen über das Auseinanderklaffen von gesprochenem Wort und gesetzten Taten. Darüber muß man natürlich reden.

Jeder Mensch, der im öffentlichen Leben steht und damit schließlich auch Verantwortung

gegenüber seinen Mitmenschen trägt, hat ein charakterliches, moralisches, sachbezogenes und leistungsmäßiges Vorbild in jeder Lebenslage zu sein. Er muß sich seiner Verantwortung gegenüber der Funktion und den Mitbürgern bewußt sein.

Wer in die Politik geht, muß sich eben an dem messen lassen, was er sagt. Es wird ja niemand gezwungen, als politischer Funktionär tätig zu werden.

Wenn ein Politiker etwa nach zu viel Alkoholkonsum mit dem Besitzer eines Nachtlokals in handgreifliche Bürgernähe gerät, so ist dies ebenso zu verurteilen, wie wenn ein Abgeordneter vor dem Parlament volltrunken im Rinnsal gefunden wird. In all diesen Fällen wird von Politikern oft Wasser gepredigt und Wein getrunken.

Um ein aktuelles, besonders grausliches Beispiel zu erwähnen: Es ist eine moralische und charakterliche Todsünde, wenn ein sozialistischer Landesfürst wie Theodor Kery — mit dem höchsten Politikergehalt Österreichs, der das Zwanzigfache einer Mindestpension ausmacht — als einziger Landeshauptmann auch noch verbilligt den Strom bezieht, während die SPÖ einen Heizkostenzuschuß in der Höhe von 500 Schilling für eben diese Mindestrentner ablehnt.

Gibt es aber überhaupt noch Freiräume für eine kritische parteiinterne Diskussion darüber? Ich glaube, daß es die natürlich gibt. Er ist wahrscheinlich in den Parteien unterschiedlich groß.

Bei der SPÖ gibt es nur dann einen Freiraum, wenn die Kritik nicht öffentlich erfolgt. Bei uns in der ÖVP wird sich sicherlich in nächster Zeit weisen, wie groß der Freiraum wirklich ist: Zum Beispiel an den Fragen, ob die ÖVP weiter für die Respektierung der Volksabstimmung gegen die Atomkraft ist, für oder gegen die Abschaffung des Doppelverdienerprivilegs von beamteten Politikern oder für oder gegen eine totale Objektivierung der Wohnungsvergabe.

Immerhin hat aber die ÖVP auf ihrem letzten Parteitag eine wichtige Jugendforderung erfüllt und die Veranstaltung „Junge reden, Politiker hören zu" durchgeführt. Dort wurden mehrere Stunden lang knifflige Fragen gestellt, ohne daß es, wie offenbar bei der SPÖ üblich, zu Maßregelungen gegen Jugendfunktionäre gekommen wäre. Zwischen diesem Verhalten und dem der SPÖ-Bonzen am sozialistischen Parteitag liegen Welten.

Haben wir innerhalb der ÖVP den Freiraum aber wirklich voll ausgenützt? Keineswegs. Und warum nicht?

Weil es auch vielen von uns an Mut fehlt, weil viele einfach nicht zur innerparteilichen Kritik bereit sind. Oft ist es auch einfacher, stumm im Strom mitzuschwimmen.

Aber wir haben schon begonnen, den vorhandenen Spielraum besser zu nützen—wie unsere Parteitagsanträge beweisen.

Immerhin konnten wir uns — und das ist ein gutes Zeichen für diese Partei — auch in vielen Fragen, etwa Objektivierung der Wohnungsvergabe, durchsetzen und wurden nicht niedergeknüppelt.

Wir haben die Einsetzung eines Arbeitskreises, der sich mit dem Problem der Rüstung auseinandersetzt, erreicht, und wir haben durchgesetzt, daß kein ö VP-Poli-tiker mehr im Aufsichtsrat einer Wohnbaugenossenschaft sitzen darf.

An uns wird es auch liegen, immer wieder nachzufragen, ob dieser bereits zugesagte Privilegienabbau tatsächlich verwirklicht wird.

Ich werde daher im Parteivorstand der ÖVP einen Bericht über die Realisierung diesbezüglicher Beschlüsse verlangen. Daß ich dies im obersten Gremium der Partei tun kann, unterscheidet jetzt meine Position von der des sozialistischen Jugendchefs.

Othmar Karas ist Bundesobmann der Jungen OVP.

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