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Nicht in einer Grube..
Die in der „Furche“ Nr. 36/1972 veröffentlichten Vorschläge für eine „kleine Parlamentsreform“ sind ein wertvoller Beitrag zur angestrebten und notwendigen Änderung der derzeitigen Form des österreichischen Parlamentarismus. Wertvoll vor allem, weil jeder Gedanke zur Diskussion und zu weiteren Gesprächen anregt Und nur das ständige Gespräch ermöglicht eine positive Weiterentwicklung.
Die in der „Furche“ Nr. 36/1972 veröffentlichten Vorschläge für eine „kleine Parlamentsreform“ sind ein wertvoller Beitrag zur angestrebten und notwendigen Änderung der derzeitigen Form des österreichischen Parlamentarismus. Wertvoll vor allem, weil jeder Gedanke zur Diskussion und zu weiteren Gesprächen anregt Und nur das ständige Gespräch ermöglicht eine positive Weiterentwicklung.
Zu den zwei Vorschlägen: Der Frage, ob die Regierungspartei links oder rechts vom Präsidenten sitzen soll, messe ich sehr wenig Bedeutung bei. Ich glaube nicht, daß die heute ohnedies sehr schablonenhafte Bezeichnung „rechts“ und „links“ für die Parteien ein wesentliches Problem ist. Um beim Beispiel des englischen Parlaments, auf dem die Vorschläge der „Furche“ basieren, zu bleiben: trotz der Sitzordnung des Parlaments — die Opposition sitzt links vom „Speaker“, der die Funktion unseres Parlamentspräsidenten ausübt — wurde die Labour Party auch während ihrer Zeit als Regierungspartei von den Massenmedien langen. Heute ist es so, daß am „linke“ Partei bezeichnet.
Und wenn man diese Sitzordnung — Regierung und Abgeordnete der Regierungspartei sitzen der Opposition gegenüber — in ihrer historischen Entwicklung sieht, erkennt man auch, daß diese Ordung auch eine andere Tradition im Verhältnis Regierung und Parlament widerspiegelt. Um es kurz zu skizzieren: In Österreich war die Regierung Instrument und Vollzugsorgan des Kaisers und das Parlament befand sich als Ganzes im institutionellen Gegensatz zur Regierung. Unsere Bundesverfassung hat vieles von dieser Darstellung übernommen, weil keine Verfassung aus dem Leeren, sondern auf Grund von Erfahrungen der eigenen Geschichte geschaffen wurde. Dazu gehört besonders der Komplex der Kontrollrechte des Parlaments.
In England bestimmt die Regierung die Entscheidung im Parlament (Arbeitstempo, ja sogar die Sitzungstermine) in einem Ausmaß, wie es für uns in Österreich unvorstellbar wäre. Den lebendigen Debatten im Unterhaus steht die Tatsache gegenüber, daß das Unterhaus als Ganzes, und im besonderen die Opposition, wesentlich weniger Einfluß auf Inhalt und Tempo der Gesetzgebungsund Regierungsarbeit hat als bei uns.
Der Vorschlag, daß die Abgeordneten von ihren Sitzen aus sprechen sollten, ist meiner Ansicht nach wert, daß er ernsthaft erwogen werde. Der Redner würde zwei bedrückende Gefühle los werden. Erstens: zur Regierung „hinaufzureden“, und zweitens: in einer Grube zu stehen, in die die anderen Abgeordneten von oben hineinschauen und dazwischenrufen. Allerdings müßte dann auf die Realisierung des Gedankens, durch technische Einrichtungen dem Redner die Möglichkeit der Bildprojektion von Unterlagen zu geben, verzichtet werden.
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