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Tendenz: solche und solche

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„Eine Einigung der Sozialpartner“, so erklärte Sozialminister und Vizekanzler Häuser optimistisch bei Präsentation der überarbeiteten Fassung des Entwurfes für ein Arbeitsverfassungsgesetz, „ist jetzt leichter möglich.“ Bei Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern wurde in mehr als 40 Punkten die ursprüngliche Fassung des Entwurfes abgeändert oder Mißverständliches neu formuliert. Dennoch gehen die Sozialpartnergespräche weiter. Noch im Juli soll in einer einwöchigen Klausur der zuständigen Kommission der Sozialpartner „auf dem Vermittlungsweg weitergeschritten werden“. Daneben wird auch das Parlament — der verbesserte Entwurf passierte bereits den Ministerrat — Stätte intensiver weiterer Gespräche sein.

Während Vizekanzler Häuser also in weiten Bereichen seines Lieblingsprojektes Konsens mit der sozialpartnerlichen „Nebenregierung“ pflegt, zeigt er sich in manchen Punkten kompromißlos. So soll unverändert an der Drittelvertretung bei Zeitungsverlagen festgehalten werden. Genauer gesagt, an der drittelparitätischen Mitbestimmung bei unabhängigen Zeitungen. Parteizeitungen hingegen sollen als „Tendenzbetriebe“ — wie „Betriebe gewerkschaftlicher, politischer, konfessioneller, wissenschaftlicher oder karitativer Art“ — eingestuft und demnach von der Drittelvertretung ausgenommen werden. Die Begründung für diese subtile Differenzierung ist beachtlich: „Hinter Parteiverlagen steht eine demokratisch gewählte Organisation.“

Es wäre zweifellos interessant, diese „dahinterstehenden, demokratisch gewählten Organisationen“ näher zu beleuchten, zumal Bundeskanzler Kreisky „seine persönliche

Ansicht“ ausdrückte und meinte, die Drittelparität solle auch bei Parteizeitungen gelten; den Kern des Problems trifft dies freilich nicht.

Der Zeitungsherausgeberverband argumentierte daher: „Die österreichischen Tages- und Wochenzeitungen sind zwar, ebenso wie andere Unternehmen, wirtschaftlich zu führen, ihre herausgeberischen Ziele erfordern es aber sehr oft, den Gewinn zugunsten des herausgeberischen und somit ideellen Zweckes zurückzustellen... Ob aber die Vertreter der Dienstnehmer im Aufsichtsrat, deren geistige und politische Richtung nicht mit jener der Zeitung ident zu sein braucht und die primär die wirtschaftlichen Interessen der Belegschaft im Auge haben werden, diese idelle Aufgabe auch zur Richtschnur ihrer Entscheidung im Aufsichtsrat nehmen, ist eher fraglich.“ Zielführender scheint den Verlegern „ein Mitspracherecht der journalistischen Dienstnehmer“, sprich: Redaktionsstatut; eine Lösung, die „sich als funktionsgerecht darstellt“.

Sollte Vizekanzler Häuser auch in Zukunft an seiner Meinung, daß die „Mitbestimmung keinen Etafluß auf die Gestaltung der Zeitung, sondern nur auf die wirtschaftliche Gebarung des Betriebes“ habe — warum dann aber die Unterscheidung in Parteizeitungen und unabhängige Zeitungen? — festhalten und die im Regierungsentwurf vorgeschlagene Regelung durchziehen wollen, bleibt den Verlegern nur ein Trost: Im Augenblick ist der überwiegende Teil der Zeitungs Verlage als Gesellschaft m. b. K. konstruiert. Bei dieser Gesellschaftsform findet die Drittelvertretung keine Anwendung. Zumindest bis zu einer Reform des Ges.-m.-b.-H.-Gesetzes nicht. Diese freilich wird in letzter Zeit auffallend häufig diskutiert.

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