Trump Vucic Westbalkan

Sicherheitsexperte Igor Bandović zum Westbalkan und die Einflüsse von Trump und Putin

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Die Autokraten auf dem Westbalkan sind entfesselt, sagt Igor Bandović vom Belgrader Zentrum für Sicherheitspolitik. Über eine Region, die ohne die EU Gefahr läuft, in Putins – oder Trumps – Fänge zu geraten.

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Die Autokraten auf dem Westbalkan sind entfesselt, sagt Igor Bandović vom Belgrader Zentrum für Sicherheitspolitik. Über eine Region, die ohne die EU Gefahr läuft, in Putins – oder Trumps – Fänge zu geraten.

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Für viele steht der Westbalkan bis heute synonym für einen weiteren Krisenherd. In der Tat sind drei Jahrzehnte nach dem blutigen Zerfall Jugoslawiens die Unsicherheiten nach wie vor groß. DIE FURCHE sprach mit Igor Bandović, Leiter des „Belgrade Centre for Security Policy“, über die Sicherheitslage in der Region, Moskaus Einflüsse, die Versäumnisse der EU und die Zukunft von Aleksandar Vučić.

DIE FURCHE: Vor mehr als drei Jahrzehnten zerfiel der Staat Jugoslawien. Mitnichten ist seither die Region zur Ruhe gekommen. Wie bewerten Sie die Situation vor Ort?
Igor Bandović:
Wir befinden uns zwischen Krieg und Frieden, aber wir machen keine Fortschritte, und das ist das Problem. Wir haben die Kriege beendet, aber keinen Weg gefunden, wie wir gemeinsam vorankommen können. Die internationalen Umstände und die Umgebung haben dazu geführt, dass sich die Risse vertieft haben und ungelöste Konflikte wieder entfachen könnten. Wir haben die wichtigsten Probleme nicht gelöst. Dazu gehören die Funktionsweise von Bosnien-Herzegowina, das Schaukeln Serbiens zwischen Osten und Westen und die Anerkennung des Kosovo. Wir sind weit davon entfernt, diese Probleme zu lösen. Im Gegenteil.

DIE FURCHE: Die Einschätzung der US-Intelligence Community Assessment für 2024 erwartet ein „erhöhtes Risiko lokalisierter inter-ethnischer Gewalt“ auf dem Westbalkan. Teilen Sie diese Einschätzung?
Bandović:
Ja, das tue ich. Bosnien und Herzegowina sowie der Kosovo bleiben Brennpunkte in der Region, während auch die Unruhen in Serbien den Raum für innerstaatliche Gewalt öffnen. Dabei ist die Schlüsselfrage, ob es einen demokratischen Aufschwung geben wird, der in Richtung EU steuert. In den letzten Jahren hat die EU nämlich einiges an Kredibilität eingebüßt. Es braucht einen neuen Antrieb. Dabei ist wichtig, dass die EU klarmacht, dass sie es ernst meint. Wir haben nämlich die merkwürdige Situation, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine der einzige Motor für eine EU-Erweiterung war. Zuvor wurde der Westbalkan jahrelang an den Rand gedrängt.

DIE FURCHE: Die EU scheint sich auch zunehmend vor dem russischen Einfluss in der Region zu fürchten. Auch in Sicherheitsfragen ist ständig vom russischen Einfluss die Rede. Will Putin Krieg auf dem Balkan?
Bandović:
Die Frage sollte eher lauten, ob er einen auf dem Balkan entfachen kann? Und es scheint, dass das immer noch eine Möglichkeit ist. Es ist keine stabile Region mehr. Die Situation hat sich seit dem tödlichen Vorfall im Dorf Banjska im Norden des Kosovo dramatisch verschärft. Das war der Wendepunkt, an dem sich die gesamte Sicherheitssituation in der Region verschlechterte. Insbesondere in Serbien können wir Desinformationskampagnen und Einmischungen in den Sicherheitssektor verfolgen. In den vergangenen Jahren auch in Montenegro. Wir haben auch das Aufkommen einiger autokratischer und populistischer Ideen gesehen. Eine der gefährlichsten ist die Ideologie der sogenannten „serbischen Welt“, die so etwas wie eine Marke von Aleksandar Vučić geworden ist. Wir können hier klare Parallelen zu Putins Ideologie in Russland sehen.

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