War der Streit um die Größe des Budgetlochs ein Streit um des Kaisers Bart? Jein. Einerseits sind zwar beim politischen Kleingeldgeklingel ("desaströse Situation", "ärger als erwartet") nicht wirklich neue Fakten auf den Tisch gekommen. Anderseits wurde durch den politischen Schlagabtausch aber endlich wieder einmal unser Budgetproblem in voller Größe sichtbar gemacht.
Irgendwie haben wir - Bevölkerung, Politiker, Medien -uns angewöhnt, jenen Teil des drohenden Budgetdefizits, den uns das EU-Stabilitätsprogramm " erlaubt" (1,7 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung oder 62 Milliarden Schilling im Jahre 2000), gedanklich gar nicht mehr als Defizit zu sehen. Die Diskussion wurde nur mehrdarüber geführt, ob der Konsolidierungsbedarf (also das, was über die erlaubten 62 Milliarden hinausgeht) nun 20, 25 oder gar 47 Milliarden Schilling sei.
In Wahrheit sind natürlich auch die - nach Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen - verbleibenden 62 Milliarden ein Problem. Um dieses Loch zum Verschwinden zu bringen, müßte man beispielsweise die Mineralösteuer verdoppeln, (ein Liter Benzin würde dadurch um fast sechs Schilling teurer), oder die Kfz-Steuer (korrekter: motorbezogene Versicherungssteuer) verfünffachen. Für einen VW Golf mit 74 PS wären dann rund 10.000 Schilling pro Jahr zu bezahlen. Und natürlich wächst um diese 62 Milliarden auch unsere Staatsschuld und als Folge die Belastung des Budgets mit Kreditzinsen.
Für ein bewußtes "Deficit spending" (also Schuldenmachen) zur Belebung der Konjunktur (ein Rezept, dem die Regierungen der Ära Kreisky förmlich verfallen waren) gibt's auch keinen Grund: Die Wirtschaft läuft prima, die Arbeitslosigkeit ist überwiegend auf die unpassende Qualifikation der Arbeitskräfte zurückzuführen und würde jedenfalls durch zusätzliche Konjunkturspritzen nicht wegzubekommen sein.
Anders als in den siebziger Jahren wird die segensreiche Wirkung von Budgetdefiziten auf Konjunktur und Arbeitsmarkt heute bezweifelt: Holland und andere Staaten sind erfolgreiche Beispiele dafür, daß sich Budgetüberschüsse durchaus mit Hochkonjunktur plus Vollbeschäftigung vertragen ...
Der Autor ist Generalsekretär des ÖAMTC und Wirtschaftspublizist.
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