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Zilkr Opfer

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Immer wieder gelingt es einem Österreicher, die Welt zum Staunen zu bringen. Wie jetzt wieder Helmut Zilk mit seinem großmütigen Verzicht. Bei uns bayerischen Nachbarn artet das dann leicht in Bewunderung für die .ßrüder im Alpenglüh'n“ aus.

Nun steht also nicht nur Weihnachten vor Eurer Tür, sondern auch das gähnende Loch in der österreichischen Zukunft. Natürlich braucht einem um ein Volk nicht bange zu sein, dessen große Söhne zu solchem Heroismus fähig sind, daß sie ihrem — speziell von den Steuerbehörden

— schwer geprüften Volk zu Weihnachten derartige-Opfer darbringen.

Da verschenkt doch glatt ein begnadeter Politiker wie Helmut Zilk feierlich die höchsten Ämter und Würden der österreichischen Nation, schon bevor er sie hat! Wie hätte er auch seinem zu Tränen gerührten Volk deutlicher sagen können, daß ihm diese Ämter eigentlich zukommen? A ber nun erklärt er freiwillig seinen Verzicht,um die weniger begnadeten, zitternden Amtsinhaber zu beruhigen und sie auch noch in Bescheidenheit an die Wand zu spielen.

Was wäre uns in der Bundesrepublik erspart geblieben, wenn auch der eine oder andere „Spitzenpolitiker“ zu einer solch königlichen Geste

— Friede durch Verzicht! — bereit gewesen wäre! Und zwar rechtzeitig, bevor er sich in ein Präsidenten- oder Kanzleramt wählen und dafür dann das Volk opfern ließ.

Sicher hat so eine heroische Tat auch Hintergründe und vordergründige Nebenziele — zum Beispiel gegen journalistische Spekulanten und politische Mediengeier. Schließlich sind die unschönen Gerüchte bis zu mir nach München vorgedrungen, daß die ,£.ilk-Partie“ dort gegraben habe, wo es dann zum Keller-Einsturz und zum Sallaberg-Rutsch gekommen ist. Nun haben alle Spekulanten ihre Strafe, denn es ist notariell beglaubigt: Wien bleibt Wien, Zilk bleibt Bürgermeister, und Wien, Wien, nur Du allein wirst der Gipfel seiner Karriere sein.

Um Euch aber allzu traurige Weihnachten ohne jede nach oben gerichtete Zilk-Perspektiven zu ersparen, habe ich lange nach einem Ausweg gegrübelt, und tatsächlich ist mir eine Idee gekommen. Wäre es denn nicht wie ein alpenländisches Märchen, wenn Ihr jetzt einfach Dagmar Koller zur nächsten Bundespräsidentin wählen würdet?Sie könnte Euch singend, tanzend und strahlend vor Schmäh das Vertrauen der Welt in sämtliche Österreich-Klischees und in die Wiener Operettenpolitik zurückerobern.

Den politischen Kleinkram in der Hofburg — mein Gott, den erledigt halt einfach ihr persönlicher Referent H. Z.

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