Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Bemerkungen
Wir bringen nebenstehenden Artikel eines Vertreters der Sozialistischen Partei, der uns für Katholiken beachtenswert erscheint.
Zu drei Punkten scheint uns eine kurze Stellungnahme notwendig, um Mißverständnissen vorzubeugen. Nicht als ob wir den Autor des Artikels korrigieren wollten, dessen Interventionen wir zu schätzen wissen, sondern weil wir als katholisches Blatt den Leser nicht im unklaren über den katholischen Standpunkt lassen dürfen.
Schreibt der Autor: „Religion wird im neuen Programm nicht mehr als Privatsache definiert, sondern als innerste persönliche Überzeugung, und somit als Gegenstand der Achtung der Sozialisten.“ Ohne diesen Fortschritt im Denken der Sozialisten verkennen zu wollen, muß hier gesagt werden, daß für den Katholiken Religion nicht allein Sache der Innerlichkeit ist, sondern daß Religion alle Bezirke des menschlichen Handelns, soweit dies nach sittlichen Normen zu beurteilen ist, umfangen muß.
Schreibt der Autor: „Man kann ihn (den Sozialismus) nun nicht für unakzeptabel erklären, weil er keine Weltanschauung mehr sein will — auch keine religiöse, christliche, katholische, sondern eben nur eine sozio-politische Bewegung, die auf Grund ihres naturrechtlichen Menschen- und Gesellschaftsbildes mit Religion, Christentum, katholischem Christentum durchaus vereinbar sei.“
Dazu ist von katholischer Seite zu bemerken, daß der Autor vollkommen richtig denkt. Wenn das Menschen- und Gesellschaftsbild des Sozialisten von heute auf dem Boden des Naturrechtes stände, wäre der Sozialismus durchaus vereinbar mit dem Christentum. Doch scheinen auch neueste Publikationen (Vgl. „Die Zukunft“, Jahrgang 1963) dies keineswegs anzuerkennen und eher die Existenz des Naturrechts zu leugnen.
3 Schreibt der Autor: „Was ihm (dem Sozialismus) einst als lästige Fessel für die Revolutionierung des Menschengeschlechts erschien, erscheint ihm (jetzt) als nützliche Fessel für die Bürger des nationalen Wohlfahrtsstaates. “
Obwohl wir auch diese Erkenntnis als positiv anerkennen, möchten wir doch dagegen einwenden, daß dieser Standpunkt dem der Aufklärung gleicht. Die Kirche soll dem Staat als Sittenpolizei dienen. Hier wird vollends übersehen, daß die Kirche zwar auch Hüterin des Sittengesetzes und sittliche Lehrmeisterin der Gesellschaft ist, daß Religion aber eine noch wesentlich höhere Aufgabe hat, nämlich den sich der Welt offenbarenden Gott zu künden. Sie ist in einem höheren als bloß natürlichen Sinn Heilsreligion. Doch sei zugegeben, daß es nicht Aufgabe des Autors war, dies alles genau zu formulieren. Es ist aber unsere Aufgabe, für den Katholiken diese Ergänzungen anzubringen.
Wenn uns eine Frage an den Autor erlaubt ist, so wäre es folgende: Warum sind die österreichischen Sozialisten in kulturpolitischen Auseinandersetzungen mit den Katholiken noch immer so intransigent? Ist hier nicht noch ein unverarbeiteter Komplex vom sogenannten „Machtstreben“ der Kirche?
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!