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Im Mittelpunkt die Freiheit
PLANPOST FREIHEIT — PROGRAMMIERTER ODER MENSCHLICHER MENSCH? Von Fritz Klenner. Europa-Verlag, Wien-Frankfurt-Zürich, 1966. 192 Seiten, Paperback S 78.—.
PLANPOST FREIHEIT — PROGRAMMIERTER ODER MENSCHLICHER MENSCH? Von Fritz Klenner. Europa-Verlag, Wien-Frankfurt-Zürich, 1966. 192 Seiten, Paperback S 78.—.
Das Anliegen Professor Fritz Klenners ist die Versöhnung des liberalen Gedankengutes mit der modernen Massengesellschaft. Es geht um die Freiheit, die, als Worthülse allgemein anerkannt und zur Selbstverständlichkeit erstarrt, erst vollständig erkämpft und abgesichert werden muß. „Freiheit ist immer in der Defensive und daher in Gefahr“ (S. 64). Die Probleme, denen sich die Menschheit gegenüber sieht, nehmen immer gewaltigere Ausmaße an — die Drohung eines Atomkrieges, die Bevölkerungsexplosion, das krasse
Wohlstandsgefälle. Hier liegt nun die Möglichkeit verborgen, daß der Blick für den Wert der Freiheit, für die Entfaltung der Persönlichkeit, für die Würde des Individuums langsam verloren geht. Gegen diese Tendenzen in einer gebannt auf rein technokratische Problemstellungen starrenden Welt wendet sich Fritz Klenner: „Die Planpost Freiheit muß Vorrang haben. Ohne Freiheit gibt es kein ,Menschsein‘.“
Das vorliegende Buch — „Die Furche“ veröffentlichte in Nummer 28/1966 („Plädoyer für Elite und Masse") einen Auszug aus dem Kapitel „Mehr Elite statt Prominenz“ — enthält eine Reihe überaus interessanter Einzelabhandlungen zu bestimmten Themen, die- alle vornehmlich unter dem Blickwinkel der Freiheit gesehen werden. Besonders sei hier die Auseinandersetzung Klenners mit der Marxschen Theorie vom Absterben des Staates erwähnt. Wenn auch Klenner nach Auffassung des Rezensenten zuwenig davon ausgeht, daß der marxistischen Staatstheorie ein prinzipieller Denkfehler anhaftet (wie Kelsen überzeugend nachgewiesen hat), so ist es vielleicht gerade von Bedeutung, daß er mit einer gleichsam pragmatischen Beweisführung zum selben Ergebnis wie Kelsen kommt: daß der Staat, und zwar auch der „sozialistische“ Staat, nicht absterben wird, nicht absterben kann.
Fritz Klenner, der vor kurzem seinen 60. Geburtstag feierte, erweist sich in seinem Buch als ein politischer Denker, der nicht leicht einzuordnen und abzustempeln ist. Der Sozialist Klenner ist gleichzeitig auch Liberaler — an erster Stelle seiner Forderungen zur „Humanisierung einer sich versachlichenden und entmenschlichenden Welt“ steht das Postulat eines „neuzeitlichen Katalogs der Grund- und Menschenrechte“, erst dann verlangt er ein ökonomisches Konzept und gesellschaftspolitische Fernziele. Seine kulturkritischen Gedanken weisen aber auch die fortschrittsskeptischen Züge konservativen Gedankengutes auf. Daß Klenner dem Christentum gegenüber eine betont offene Haltung einnimmt, kann niemanden überraschen, der Klenners bisherige Werke verfolgt hat. Somit erweist sich Klenner als ein Mann des Gesprächs nach allen Seiten hin, als einer der politischen und moralischen Denker, von denen es, trotz der wechselseitigen Versicherungen der Dialogbereitschaft, in allen weltanschaulichen und politischen Lagern noch viel zu wenige gibt.
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