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HANNES ANDROSCH / JUNGER HERR IM HOHEN HAUS

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Der jüngste Abgeordnete im österreichischen Parlament

kommt aus den Reihen der SPÖ — er ist der einzige im „Hohen

Haus“, der noch zu den „Twens“ zählt. Die Oppositionspartei hat mit ihm nach dem tragischen Tod Rosa Webers einen guten Griff getan: es gelang ihr, die parlamentarisch unterbesetzte Wirtschafts- und Finanzpolitik mit einem Mann „vom Fach“ zu be-

setzen, und damit erste Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die bevorstehenden harten wirtschaftspolitischen Debatten nicht nur mit Ressentiments und Marx-Zitaten, sondern mit Argumenten geführt werden.

Aus einer „politischen Familie“ stammend, geriet der heute 29jährige Androsch schon früh in den Bannkreis der Politik. Als Gymnasiast betätigte er sich in der Organisation der sozialistischen Mittelschüler, als Student an der Hochschule für Welthandel übernimmt er bald führende Funktionen im Verband der sozialistischen Studenten. Der frischgebackene Diplomkaufmann und Betriebswirt wendet sein Hauptinteresse der modernen Nationalökonomie zu. 1966 übernimmt er als beeideter Buchprüfer und Steuerberater die väterliche Kanzlei.

Schon 1963 holte man den damaligen Verbandsobmann des VSSTÖ in den Parlamentsklub der SPÖ — als Sekretär für Budget- und Steuerfragen, für Wirtschaftsfragen im allgemeinen. Ein Jahr darauf wird er in seinem Heimatbezirk Floridsdorf in

den Bezirksvorstand der Partei gewählt; nach einem weiteren Jahr rückt er auf die Kandidatenliste für den Nationalrat — dort rangiert er allerdings nur unter „ferner liefen“. Zwei Jahre darauf übernimmt er, als Akademiker im größten Arbeiterbezirk Wiens, das Nationalratsmandat Rosa Webers.

In den frühen Auseinandersetzungen innerhalb der sozialistischen Studenten hatte er immer als ein Vertreter der „Rechten“ gegolten. Heute bezeichnet er diese Unterscheidung zwischen „Linken“ und „Rechten“ als „höchst sinnlos“: „Im Praktischen stellt sich heraus, wie rasch sich die Fronten umkehren können. Für mich ist der Marxismus keine Weltanschauung. Marx ist eine bedeutende peistesffeschichtliche Erscheinung mit großen Fernwirkungen, gerade auch auf wirtschaftlichem Gebiet — man denke an Kreislauftheorie oder Wachstumstheorie; der Marxismus ist nur eine Methode unter anderen. Ich bin nbedtnot für den Methodenpluralismus“.

Für den Methodenpluralismus tritt er nicht nur in der

Wirtschaft ein. Er befürwortet ihn auch in der Politik. Alleinseligmachende Modellösungen, auch solche sozialistischer Bauart, lehnt er ab. „Jedes Land ist ein Unikat im Raum und in der Zeit. Man kann den skandinavischen Sozialismus ebensowenig auf Österreich übertragen wie die englische Demokratie.“

Androsch wird zwar von seiner Partei zum Wirtschaftsexperten aufgebaut (er ist Vollmitglied im Finanz- und Budgetausschuß, Ersatzmitglied im Handels- und Integrationsausschuß, Referent auf den „ökonomischen Versammlungen“ der SPÖ), möchte aber nicht zum reinen Fachmann abgestempelt werden. „Ich bin engagiert in Sachen Parlamentarismus — trotz aller Schwierigkeiten, vor denen heute ein modernes Parlament steht. Ich halte es nicht nur für notwendig, sondern für möglich, die Legislative zu stärken und ihren Primat im politischen Leben nicht nur auf dem Papier, sondern auch de facto sicherzustellen. Gerade als Junger sollte man solche längerfristige Aspekte in der Politik berücksichtigen.“

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