2007 17 7

Regisseur Michael Verhoeven: "Wehrmacht betrieb Judenvernichtung"

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Als er 1997 mit dem Film "Der unbekannte Soldat" begann, hoffte er, dass die These der - viel diskutierten - Wehrmachtsausstellung sich nach eigenen Recherchen als falsch erweisen würde. Heute weiß Michael Verhoeven: Judenvernichtung war auch ein Programm der Wehrmacht.

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Als er 1997 mit dem Film "Der unbekannte Soldat" begann, hoffte er, dass die These der - viel diskutierten - Wehrmachtsausstellung sich nach eigenen Recherchen als falsch erweisen würde. Heute weiß Michael Verhoeven: Judenvernichtung war auch ein Programm der Wehrmacht.

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Zwei Jahre schon polarisierte die "Wehrmachtsausstellung", die die Verbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg belegte, die deutsche wie die österreichische Öffentlichkei. Da begann Filmemacher Michael Verhoeven 1997 anlässlich einer NPD-Demonstration gegen die Ausstellung in München mit den Dreharbeiten für seinen Dokumentarfilm Der unbekannte Soldat, der nun im Kino ist. 1999 wurde die Ausstellung zurückgezogen, weil sich 20 der 1433 gezeigten Fotos, welche die Wehrmachtsgräuel belegen sollten, als falsch erwiesen. 2001 folgte die überarbeitete Ausstellung, die bis 2004 in Deutschland und Wien gezeigt wurde. Ausgehend davon spürt Verhoevens Film den Wehrmachtsuntaten in Weißrussland und der Ukraine nach - etwa dem Massaker von Babi Jar, einer Schlucht bei Kiew, in der am 29./30. September 1941 33.700 ukrainische Juden hingemetzelt wurden. Verhoeven reist an die Schauplätze, sucht Zeitzeugen und Historiker auf und macht mit NS-Filmausschnitten die staatlich gelenkte Pogrom-Stimmung ebenso spürbar wie das jüdische Leben mit Filmen aus den Schtetls der Zwischenkriegszeit oder durch Blicke in die "Fotoalben" der Ermordeten.

DIE FURCHE: Die Wehrmachtsausstellung hat 2004 ihre Pforten geschlossen. Jetzt ist Ihr Film "Der unbekannte Soldat", der von dieser viel diskutierten Schau ausgeht, im Kino. Verstehen Sie sich als Anwalt dieser Ausstellung?

Michael Verhoeven: Nein. Ich schulde der Ausstellung etwas: Dass ich dort drehen konnte, war ein großes Privileg. Da habe ich eine Dankbarkeitshaltung, aber ich wollte nicht Teil davon sein.

DIE FURCHE: Sie machen den Konflikt um die Ausstellung nicht zum großen Thema. Auch Bogdan Musial, der Historiker, der die Schau wegen falsch zugeordneter Bilder angeblicher Wehrmachtsverbrechen kritisierte, ist kein "Ankläger" gegen die Ausstellung.

Verhoeven: Aber er sagt im Film, dass die Bildgeschichten montiert waren: er muss dafür gelobt werden, dass er diese Irrtümer aufgeklärt hat. Aber nicht Kritiker wie Musial haben die Ausstellung zu Fall gebracht, sondern die große, sehr konservative Fraktion in der deutschen Gesellschaft, die die Ausstellung nicht haben wollte und froh war, dass Musial Fehler entdeckt hat.

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