6598935-1953_24_08.jpg
Digital In Arbeit

Unier der Flagge Roiweißroi

Werbung
Werbung
Werbung

Vor siebzig Jahren wurde die arktische Beobachtungsstation auf der Insel Jan Mayen durch Offiziere und Mannschaften der alten k. u. k. Kriegsmarine errichtet.

Als Linienschiffsleutnant Karl W e y-p r e c h t mit der österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition, die zur Entdeckung des Franz-Josefs-Landes führte, im Herbst des Jahres 1874 heimkehrte, war er sich im klaren, daß die wissenschaftlichen Resultate der bisherigen arktischen Forschungen den enormen Mitteln durchaus nicht entsprechen, die für sie verwendet werden. Um entscheidende Erkenntnisse zu erzielen, wäre eine Reihe gleichzeitiger Expeditionen auszurüsten und an verschiedenen Punkten der arktischen und antarktischen Gebiete zu verteilen, die' mit gleichen Instrumenten, nach gleichen Instruktionen und zur selben Zeit ein Jahr hindurch Beobachtungen zu machen hätten. Für die Kenntnis des Erdmagnetismus, der Elektrizität, der Meteorologie, des Tier- und Pflanzenlebens sind die Verhältnisse in der Nähe der vom Eise umgebenen Erdpole von entscheidender Bedeutung. Die Kosten dieser kleinen einjährigen Expeditionen könnten wegen der leichten Zugänglichkeit der Stationen so gering gehalten werden, daß sie, auf verschiedene Staaten verteilt, leicht zu tragen wären.

An diesem Programm, das Weyprecht der Wissenschaft für die künftige Polarforschung vorgezeichnet hatte, hielt er unverrückt fest und arbeitete an seiner Verwirklichung mit der ganzen Energie, Ausdauer und Zähigkeit, die diesem genialen Manne eigen war. Auf den internationalen Polarkonferenzen in Hamburg, dem Meteorologenkongreß zu Rom im Jahre 1879 und der Polarkonferenz in St. Petersburg im Jahre 1881, an denen Delegierte Dänemarks, Deutschlands, Frankreichs, Hollands, Norwegens, Oesterreichs, Rußlands und Schwedens teilnahmen, wurden die Vorschläge Weyprechts angenommen und die Errichtung fester Beobachtungsstationen an acht Punkten der arktischen und vier Punkten der antarktischen Gegenden in Aussicht genommen.

Oesterreich wurde mit der Besetzung der Beobachtungsstation auf der Insel Jan Mayen betraut, zum Chef der Station der Linienschiffsleutnant Emil Edler von W o h 1 g e-m u t h bestimmt. Die Kosten des gesamten Ausrüstungsmaterials der Expedition sowie die Entlohnung der Mannschaft übernahm in hochherziger und munifizenter Weise Graf Hans W i 1 c z e k. Es ist begreiflich, daß Wilczek das Personal unter den Offizieren der k. u. k. Kriegsmarine und den heimischen Seemännern (Dalmatinern), deren Landsleute sich bei der großen österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition schon so glänzend bewährt hatten, suchte. Mit Genehmigung des Kaisers Franz Josef wurden über Vorschlag des Marinekommandanten Admirals Freiherrn von Sterneck 'fünf Seeoffiziere, ein Marinearzt und sieben Mannschaftspersonen für die Expedition ausgewählt. Zur Ueber-führung der Expedition wurde der Transportdampfer „Pola“, ein kleines Schiff der Kriegsmarine von 930 Tonnen Deplacement, bestimmt. S. M. S. „Pola“ lief unter Kommando des Korvettenkapitäns Franz Müller am 2. April 1882 vom Zentralkriegshafen aus und gelangte bei Berührung von Gibraltar, Gravesend und Bergen nach stürmischer Fahrt am 27. Juni nach Jan Mayen. Da sich dort kein Ueberwinterungshafen befindet, mußte das Schiff nach der Installierung des Expeditionspersonals und des Materials wieder nach Pola zurückkehren.

Die Insel Jan Mayen wurde im Jahre 1611 von einem holländischen Kapitän entdeckt und in der Folge von Walfischfängern fleißig besucht, die in den dortigen Gewässern großen Nutzen zogen. Jan Mayen liegt nördlich des Polarkreises zwischen Spitzbergen und Grönland, hat einen Flächeninhalt von etwa sieben geographischen Quadratmeilen und ist vulkanischen Ursprungs. In der Mitte der Insel erhebt sich der fast 2000 Meter hohe Beerenberg, ein erloschener Vulkan. Die Küsten sind zum Teil sehr steil und hoch, zum Teil sehr flach und sandig, eine Landung bei der zumeist herrschenden schweren See daher überall problematisch. An den Ufern lagern große Massen von Treibholz, Knochen und Wirbeln von Walen, Wrackgüter und Tang. Die Insel liegt ganz im ostgrönländischen Polarstrom. Die Flora ist arm, dennoch bildet sich im Sommer ein Moosteppich, der große Partien des Landes bedeckt und einen ausgezeichneten malerischen Kontrast zu den schwarzen und roten Tinten der Bergarten abgibt. Polarfüchse, Seevögel und Seehunde repräsentieren die Fauna.

Binnen 14 Tagen waren die aus Holz gezimmerten Wohnhäuser aufgestellt. Bis dahin waren die Expeditionsmitglieder auf S. M. S. „Pola“ bequartiert. Am 10. August 1882 verließ das Schiff den Ankerplatz und steuerte heimwärts.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung