Auch wenn sie die naturwissenschaftlichen PISA-Fragen nicht schlechter als die Buben lösen: Für das Fach Physik begeistern sich Österreichs Mädchen kaum.
Die Beteuerung kommt alle Jahre wieder: Man habe "zahlreiche Initiativen" gesetzt, um junge Frauen zu ermutigen, auch "atypische" Berufe zu ergreifen. Jährlich 17 Millionen Euro würden in Projekte wie "MUT - Mädchen und Technik" investiert, erklärte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März. Schließlich sei es "selbstverständlich, dass Frauen mindestens genauso geeignet sind wie Männer, weil sie mindestens so logisch denken wie Männer".
Was die Ministerin behauptete, hat PISA 2003 bewiesen. So gab es zwischen Mädchen und Burschen keine signifikanten Leistungsunterschied im (insgesamt enttäuschenden) naturwissenschaftlichen Bereich. Nur in einer Kategorie waren die weiblichen Werte so niedrig, dass man laut Günter Haider "fast eine eigene Tabelle gebraucht hätte, um sie darzustellen": bei der instrumentallen Motivation, also jener wesentlichen Frage, ob man glaubt, von diesem Wissen später je zu profitieren.
Ein Beleg für eine Bezugslosigkeit, die sich vor allem im Physik-Unterricht niederschlägt. "Nach unseren Forschungen ist das Interesse der Mädchen deutlich geringer ausgeprägt als jenes der Buben, wobei es mit Beginn der Pubertät weiter sinkt", weiß Helga Stadler, Fachdidaktikerin am Institut für Theoretische Physik der Universität Wien. Der Neugier-Schwund beginne fatalerweise in einem Alter, in dem der eigentliche Physik-Unterricht erst starte - nämlich mit zwölf oder 13 Jahren. "Durch die unterschiedliche Schulwahl wird die Differenz dann noch größer", so Stadler. Umso nötiger sei ein "sinnstiftender Physik-Unterricht", etwa durch die Möglichkeit, Experimente nicht nur "rezeptartig" nachzumachen, sondern sie selbst zu entwickeln, durch Alltagsbezüge oder Aufwerfen philosophischer Fragen. Auch eine phasenweise Trennung von Mädchen und Buben sei sinnvoll, um den Schülerinnen - abseits von dominanten Schulkollegen und Buben-fixierten Lehrern - Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten.
Ein Weg, den Heidi Schrodt, Direktorin des Wiener Gymnasiums Rahlgasse, längst beschreitet: Im der "Lernwerkstatt" werden Buben und Mädchen der 3. und 4. Klasse in den Fächern Biologie, Chemie, Physik, Werken, Mathematik und Biologie getrennt unterrichtet. Aus sechs Lernfeldern wie Licht, Erde oder Farbe wählen sie eine Frage aus und bearbeiten sie sechs Wochen lang. Etwa jene, wie man eine Gesichtscreme herstellt. "Davon profitieren auch die Buben", weiß Schrodt. "Neben den Mädchen haben sie sich solche sinnlichen Zugänge ja oft nicht getraut." DH
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