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Gott in Frankreich — heute

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Die Zeitschrift verstand es, in eigenen Gruppen den lebendiger Kontakt zwischen Lesern und de] Redaktion herzustellen. 60 Zeller diskutieren regelmäßig die Themer der „TC“, verbreiten den Geist de Zeitschrift in Unterschiedliche Bevölkerungsschichten. 3000 dieser Anhänger bilden einen kleinen Kern der natürlich in keiner Weise die Organe der Katholischen Aktion verpflichtet. Hier treffen Christen zusammen, die in eigener Verantwortung geistliche und politische Positionen einnehmen. Ein Jahreskongreß auf nationaler Ebene, Mitarbeit an den zahlreichen politischen Klubs, verschieden im lokalen Kolorit, aber geeint in einer besonderen Form der Analyse, sind die Freunde vom „TC“, ein Faktor der politischen Linken. Dies führt natürlich zu schweren Mißverständnissen, besonders mit der Hierarchie, die mehrfach energisch die Redaktion ermahnte und ihr Mißfallen ausdrückte.

Eine Zensur oder Kontrolle wird in keiner Weise ausgeübt, aber die Bischöfe erwarten, daß gewisse Themen nicht berührt werden, wie die leidige Frage der freien Schulen. „TC“ dagegen ist der Ansicht, daß dadurch die Innenpolitik Frankreichs bis auf den heutigen Tag blockiert, jeden Versuch, eine Arbeiterpartei im Stil der englischen zu schaffen, illusorisch macht.

Auch der Staat sah zumindest zeitweise im „TC“ ein Organ, das zum Aufstand aufrief, einen literarischen Verräter der kämpfenden Truppe. Die Zeitschrift trat mit Vehemenz gegen die Kriege in Indochina, Marokko und Algerien auf, und dies zwei Jahre bevor die Kommunisten ebenfalls die Kolonialkriege verdammten und ihre politische Taktik darauf einstellten.

Die Zeitschrift hoffte durch die sofortige Anerkennung der nationalen Eigenheiten im früheren französischen Kolonialreich die Bindungen an die Metropole zu sichern und gewisse Rechte zu wahren. Die historische Entwicklung gab der Auffassung vom „TC“ zur Gänze reoht.

Das Trauma: Algerien

„loh war in Algerien als Offizier, und was ich sah, hat mich zutiefst erschüttert. Eine winzige Minderheit, die in keiner Weise mit der zur Einsatz gebrachten Truppe zu identifizieren war, schuf Methoden des psychologischen Guerillakrieges, die Europäer einfach ablehnen müssen. Wir vom ,TC‘ besaßen den Mut, die Öffentlichkeit zu informieren, wir durften einfach nicht schweigen, ob wohl viele Kameraden uns Verrat vorwarfen. Denn über jeder nationale Überlegung steht der Begriff der Menschlichkeit und niemals weicht der Ohrist dieser Entscheidung aus. Wir verpflichten uns, für die dritte Welt Beispiele zu schaffen. Die bisherige Hilfe ist ungenügend und egoistisch. Der französische Sozialismus steigt in dieser Hinsicht zu dem Gipfelpunkt der Selbstgefälligkeit auf.“

Dies wurde eindrucksvoll erklärt und gleich darauf mit einem politischen Glaubensbekenntnis verbunden. „Wir erwarten das Aufsteigen des Sozialismus in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht, aber diesem Sozialismus stehen moderne Formen zu. Er verlangt Menschen mit echtem Verantwortungsgefühl und räumt den berufsständischen Organisationen, wie den Gewerkschaften, tatsächliche Funktionen ein.“ Als der ideale Vertreter dieser Auffassung wird Mendes-Fran.ee bezeichnet, der in den Maitagen 1966 neuerlich auf dem politischen Kampfplatz erschien und in Grenoble „mehr als eine Hoffnung, eine Zukunft“ schuf.

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