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Ein großer Zeichner

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Hans Fronius, Zeichnung — Graphik — Buchillustration. Mit einer Einführung von Otto B e n e s c h und einem Katalog von Werner H o f m a n n. Leykam-Verlag, Graz. 60 Seiten, 6 Textabbildungen und 82 Tafeln

Der beste Graphikkenner Oesterreichs zeichnet für die Zusammenstellung und die Herausgabe dieses Buches als verantwortlich, der Verlag hat offensichtlich weder Kosten noch Mühe gescheut, es gut auszustatten: und das Ergebnis ist in jeder Hinsicht die bemerkenswerteste Publikation über zeitgenössische österreichische Kunst, die seit 1945 erschienen ist.

Ueber den Zeichner Hans Fronius, der mit dieser prächtigen Monographie Aufnahme in die kunstwissenschaftliche Literatur und solcherart fast auch schon eine Nachruhmgarantie gefunden hat, haben wir uns und haben sich andere schon oft und ausführlich geäußert; die Kritik an der gelegentlich über die Grenzen tretenden Illustrationstätigkeit des Künstlers (aber auch Dore, Daumier und Kubin haben viel kleine Münze ausgegeben) hat nichts an dem seit Jahren feststehenden und nun bestätigten Urteil geändert: Fronius ist neben Kubin zweifellos unser bedeutendster lebender Zeichner, der im Grunde nur noch einen einzigen ernsthaften Konkurrenten — Kurt Moldovan nämlich — besitzt oder demnächst besitzen wird. Seine persönliche Herkunft (geboren in Sarajewo, der Vater ein evangelischer Siebenbürger, die Mutter einer alten austro-italienischen Künstlerfamilie entstammend) und seine künstlerische Genesis (Kubin, Kokoschka; Kafka) verleiht dieser Stellung Besonderheit und Authentizität.

Das Werden und die Eigenart Hans Fronius' wird in Beneschs Einführung meisterhaft beschrieben; ein eigenes, auch jenseits dieser Monographie bedeutsames Kapitel hat der Herausgeber dem Typus

(und wohl auch der Apologie) des modernen Illustrators gewidmet, der die Welt und die Realität bereits in ihrer Umformung und Beeinflussung durch die Literatur, gleichwohl aber als Tatsache, als Gegebenheit sieht und darstellt. Eine Unzahl köstlich gedruckter Tafeln macht den Vergleich zwischen kunsthistorischer Deutung und ihren Objekten zu einem wahren Genuß; erfreulich, daß dem Schaffen der dreißiger Jahre breiter Raum gewährt, wichtig auch, daß in den Abbildungen Fronius' Landschaften große Aufmerksamkeit geschenkt wurde: beides läßt den bisweilen gehörten Einwand, daß Fronius allzusehr auf bestimmte Themen und Stilformeln fixiert sei, wesenlos werden. Ein wenig bedauern wir allerdings aus demselben Grund, daß die letzten Zyklen des Künstlers — etwa „Der Schloßherr“ oder „König David“ — nur erwähnt, nicht aber in der Reproduktion des einen oder anderen Monotypieblattes vorgestellt werden; sie gehören ja nicht nur zu den umfangreichsten Arbeiten im Oeuvre des Zeichners, und es scheint nicht nur, als ob in ihnen der Stil der letzten zwei Jahrzehnte kumulieren wollte — sie sind auch als Zeugnisse für eine beginnende Loslösung vom fremden Thema und den Aufbau einer eigenen künstlerischen „Welt“ von unleugbarer Bedeutung.

Gelobt sei schließlich noch Hofmanns Katalog, der zwar, ein wenig zu beredsam, gleich die ganze moderne Literatur interpretiert, aber im ganzen ein sorgfältiges Verzeichnis von dem künstlerischen Inventar Hans Fronius' gibt.

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