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Werner Berg und Kurt Moldovan in Innsbruck

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Es ist interessant, die Stellung des Holzschnittes in der Entwicklung der modernen Kunst zu beobachten. Der Holzschnitt zwingt- von vorneherein zu starker Geschlossenheit und figürlicher Abstraktion. Schon durch seine Technik mußte er immer mit der Abstraktion arbeiten. So steht der Holzschnitt in der modernen Kunst der Ueberlieferung am nächsten. Davon gibt besonders auch die Ausstellung WernerBergs im Hofgarten Zeugnis. Seine „Abstraktion" geht allerdings nie so weit, unverständliche und rätselvolle Zeichen zu setzen für das, was ihm zu sagen auferlegt ist. Aber- lange nicht mehr hat man so knappe, so wirklich nui" iüf ’“däsr Notwendigste beschränkte Aussagen durch schwarzweiße Linien und Flächen gesehen, wie sie in den großen Holzschnittblättern des Künstlers vorliegen. Große Kunst wirkt — das ist ihr Geheimnis — immer durch Einfachheit. Diese Einfachheit erwächst Werner Berg, dem zu Elberfeld im Rheinland 1904 Geborenen, aus seiner Wahlheimat bei Gallizien in Unterkärnten, wo er seit zwanzig Jahren lebt. Immer bleibt bewundernswert, wie Werner Berg das Wesentliche einer Erscheinung, sei es Landschaft, Mensch oder Tier, auf eine knappe Formel bringt. Immer sind die Motive von großer, allgemein menschlicher Anschauung ausgeprägt, nichts Kleinliches oder Erzählerisches gerät in die Darstellungsweise Werner Bergs. Unwillkürlich denkt man an die große Holzschnittkunst Suitbert Lobissers, dessen graphischer Stil heiterer, liebenswürdiger, österreichischbarocker wirkt. Werner Bergs Kunst ist dagegen von einer blockhaften, manchmal starren, aber immer von einer ernsten Größe. Wir kennen den mit dem Dürer-Preis ausgezeichneten Künstler auch als Preisträger des letzten österreichischen Graphikwettbewerbes in Innsbruck, und freuen uns, nun einen größeren Ausschnitt aus seinem Oeuvre sehen und erleben zu dürfen.

Der junge, sehr begabte Wiener Kurt Moldovan (geb. 1918), ist in Innsbruck kein Unbekannter mehr. Er hat im Vorjahr beim österreichischen Graphikwettbewerb im Tiroler Kunst- pavillön den Preis des Unterrichtsministeriums gewonnen. Seine Teilnahme an staatlichen Ausstellungen in Wien, Berlin, Stuttgart, Karlsruhe, Rom, Prag, London, Turin, an der Biennale in Venedig und in Nord- und Südamerika, begleitet von Ankäufen seiner Blätter durch öffentliche Galerien, haben mehr und mehr das Interesse an seiner Kunst geweckt. Um so dankbarer muß man daher dem französischen Institut in Innsbruck sein, daß wir als erste die Früchte eines durch ein französisches Stipendium ermöglichten Studienaufenthaltes des 'Künstlers in Paris, .kennenlernen können. Es ist dies eine Folge von dreißig großen Originallithographien, die 1953 in der Seinestadt entstanden sind, und nun, gefördert durch die feinsinnige Anordnung Frau Dr. Lily v. Sauters, in zwei Räumen des Instituts einen überaus geschlossenen Eindruck ergeben. Unwillkürlich drängt sich zunächst, wenn man das Ganze überschaut, ein Vergleich mit der eben verflossenen, viel erklärten und doch schwer erklärbaren Ausstellung von Graham Sutherland auf, dessen Kunstweise sicher interessante und typische Wesenszüge der englischen Psyche enthüllte, aber durch ihre Angstträume von Dornen, Stacheln und Spitzen oft über jedes menschliche Maß hinauszuwachsen schien, Kurt Moldovans Kunst ist dagegen viel humaner, der menschlichen Sphäre und damit unserem Verstehen näher, eben österreichisch, liebenswürdiger und liebenswerter. Dennoch ist Moldovan keineswegs ein Realist. Er ist den Dingen der Natur auch nicht so nahe geblieben wie Werner Berg. Kurt Moldovans Kunst hat neben ihrer Herkunft und zugleich neben ihrer bis zu einem bestimmten Grad gehenden Abstraktion, von der Naturform immer zugleich Symbolwert.

Er steht heute neben Hans Fronius, Paul Flora, Karl Kreutzberger, Werner Berg und Fritz Berger in der ersten Reihe junger österreichischer Graphiker.

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