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Maler von morgen

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Die „Formen-und-Wege-Ausstellung, die jetzt, wie alljährlich um diese Zeit, in den Foyers des Konzorthauses stattfindet, erfordert einige Vorbemerkungen. Erstens sind in ihr fast ausschließlich Arbeiten jüngerer Künstler zu sehen, wobei hier „jung“ weniger als Alters-, denn als Temperamentbezeichung zu nehmen ist; zweitens ist in diesem Jahr zu erkennen, daß fast alle dieser jungen Aussteller — soweit man Ergebnisse ihres Schaffens schon im vergangenen Jahr zu sehen bekam — seither einen beträchtlichen Schritt nach vorne gemacht haben. Mag sein, daß die künstlerische Krise, die vor noch nicht vielen Monaten so überraschend gleichzeitig in vielen Wiener Ateliers Einzug hielt, auch unter den Jüngeren auflockernd und antreibend gewirkt hat. Und drittens möge den Besuchern dieser Exposition empfohlen sein, sie als eine Pflanzschule von Talenten anzusehen, in der nicht die gegenwärtige Leistung zu kritisieren Ist, sondern die Möglichkeiten, die sich aus ihr für die Zukunft ergeben. Von den Ausstellern im Konzerthaus ist noch keiner fertig; aber etwa zwei Drittel von ihnen geben Grund zur Hoffnung, daß sie über kurz oder lang fertig sein werden. Dementsprechend sind ihre Werke zwar nicht weniger streng, aber nicht mit den Maßstäben zu messen, die etwa in der Gemäldeschau einer allseits anerkannten Kunstvereinigung am Platze wären.

Zu erwähnen ist zunächst Gerhard Swo-b o d a, der seit seiner Kollektivausstellung in der Galerie Welz erstaunliche Fortschritte gemacht hat. Seine Bilder sind farbiger, dichter und weniger ängstlich geworden; glücklicherweise scheint er die Abstraktion nach französischem Vorbild allmählich abzubauen und sein Augenmerk weniger auf die formalistische als auf die geistige Bereicherung seiner Arbeit zu legen; was er zeigt, ist nichts Endgültiges, verspricht aber endlich etwas. Hans Steiner beweist mit dem Bild „Legendäres“, daß er, läßt er nur seine picassesken Versuche sein, in bescheidenerer Form Besseres und Schöneres zu geben weiß. Friedrich Fischer, sehr wahrscheinlich einer der stärksten Maler unter den Ausstellern, hat in seinem „Selbstbildnis mit “Tulpen“ eine abgeschlossene, ausgezeichnete und in ihrer Art unwiederholbare Arbeit fertiggebracht; seine Landschaften lassen ihn auf neuen Wegen sehen. Wir zählen ihn zu den wenigen jungen Malern, die zu größeren Hoffnungen berechtigen — ebenso wie vjir in Kurt A b s o 1 o n einen heranwachsenden Graphiker von Rang vermuten. Uber seine Tuschzeichnungen läßt sich diskutieren — daß ie gleichwohl selbständig sind und vor allem Geist verraten, ist offensichtlich. Carl W o c h I n z ist — zum erstenmal — mit einer expressiven Tuschzeichnung und einem Madonnenbild vertreten; leider nicht auch mit einigen seiner interessanten Bühnenbildentwürfe. Willi B u r g e r hat einfache, aber ansprechende Landschaften mitgebracht, Emmi F e r j a n c zeigt unausgeglichene, aber reizvolle Sachen in Ol, Tempera und Zeichnung. Die schon arrivierte Elisabeth Stemberger stellt zwei große Ölbilder aus, die auch diesmal frisch und lebendig sind, während die Radierung und die zwei Bildchen Arnulf Neuwirthi eher als kleine künstlerische Delikatessen zu werten sind. Die noch etwa skizzenhaften und farbig unwesentlichen Ölbilder Anneliese Laglers fallen durch Ihre gescheite Komposition auf. Von Theobald Schmögner möchte man Festeres und sogar Gröberes sehen; Lyrik und etwas Wehleidigkeit tut seinen Zeichnungen anscheinend nicht gut. Und Karl Bednarik bedürfte endlich einer geistigen Umorientierung — einer künstlerischen Krise, um das klar auszusprechen —, wenn er sich von seinen allmählich langweilig werdenden Abstraktionen und seiner Rot-Blau-Skala endlich lösen will.— Im ganzen sind, wie so oft in den Ausstellungen österreichischer Moderner, die besten Leistungen dort zu finden, wo die Welt des Gegenständlichen nicht verlassen wird und die künstlerische Abstraktion ihren Ursprung in der Wirklichkeit nicht verleugnet.

Hans Thom-as — dem das Osterreichische Musaum für angewandte Kunst seinen Säulenhof für eine Kollektivausstellung einräumte — ist ein Gebrauchsgraphiker größten Formats. Er übertritt nie und nirgends die schmalen Grenzen, die das graphische Handwerk von der Kunstgraphik trennen, er schwindelt nicht. Und gerade deshalb, gerade weil er die Regeln und Gesetze der Gebrauchsgraphik beherrscht und in allen Punkten erfüllt und sie niemals verletzt, sind seine Blätter so vollkommen, daß einige von ihnen schon wieder wie reine Kunstwerke sind. Die Kritik, in der Wertung von Gemälden oft widersprüchlich, ist im Falle Hans Thomas' einhelliger Bewunderung voll, was wenigstens als Kuriosum festgehalten sei. Sie hat über die Bucheinbände, Illustrationen und Kinderbücher Thomas' gesagt, was an Lobesworten zu sagen war. Wir schließen uns ihr in allen Punkten an und wollen nur noch als weiteren Vorzug Thomas' anführen, daß sein Kunsthandwerk durchaus österreichischer Abstammung und von einer Nachahmung, beispielsweise französischer Vorbilder, nicht die Rede ist

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