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Vision der Zukunft

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DER DOM. Vof, Gertrud von l e Fort. Ehrenwirth-Verlag, München. 56 Seiten. DM 7.80.

Dies ist die Geschichte des Kindes Angelika: Durch den Tod der Mutter ist es Vollwaise geworden und gerät in die Zwangsjacke liebevoller verwandtschaftlicher Betreuung durch eine vom Protestantismus zum Katholizismus konvertierte fleißig fromme, aber religiös unduldsame Tante und ihren scheinbar glaubenslosen Gatten. In Wahrheit hat Onkel Harro, verbittert durch die Spaltung des Glaubens in fein säuberlich getrennte Kirchen, einen Panzer von Skepsis und Spott um sein blutendes Herz gezogen. Durch diesen Panzer bricht nun die kleine Protestantin Angelika ein, wie auch sie ihrerseits durch den Onkel zu sich und einem frühen allumfassenden Glauben findet — im mystischen Dämmer des Domes von Magdeburg (der schon einmal in einem großen Roman der le Fort schicksalentscheidend war). Dort,-auf deii'Suche nach ihrer toten MUttH'eÄbteÄagellka'' in rtäegeTi-wartOrtlft* ~HSri%ff'dKnGHHiä: eftler großartigen Vision der weltumschließenden Einen Heiligen Kirche:

„... ich verstand, denn es gibt eine Einheit, die über alle Unterschiede triumphiert, die für unsere irdischen Augen nicht vorhanden zu sein scheint und die doch in der Tiefe unserer Seelen immer vorhanden ist und sein wird — es gibt das ewige Geheimnis für alle und für immer, es gibt keine Trennung in der Liebe zu Gott.“ Und weiter: „... da war es, als öffneten sich nun wirklich die Portale, als dehnten sich die weiten Räume des Domes und füllten sich mit unsichtbaren Betern... Der Dom schien erfüllt von der ganzen Christenheit, von vielen Völkern, die aus unsichtbaren Fernen kamen — oder gab es diese Verschiedenhelten und Fernen gar nicht, waren alle eins geworden vor Gott... ? Dieses Einssein war das eigentliche Große und Erschütternde dieser Stunde — mir waren eingetreten in die große einige Kirche, die noch größer und herrlicher war als der Dom.

„Der Dom“ ist das schmälste, darum nicht weniger gewichtige Büchlein der heute 92jährigen Protestantin, dann Katholikin Gertrud von le Fort, deren Gesamtwerk immer wieder um die Themen der Gnade und der Versöhnung der Konfessionen, besonders der protestantischen und katholischen, kreist. Mo- gen diese Kenntnisse ihrer Ideinen Angelika weniger kindlich als vielmehr die poetische Vision der Dichterin selber sein: Die edle Einfalt des Gesichtes rührt zutiefst ans Herz, doppelt den, der nicht nur um das da und dort schmelzende Eis der getrennten Kirchen von heute, sondern auch von seiner bisweilen immer noch kalten und glasharten Wirklichkeit weiß.

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