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A la Le Pen

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Ob Jörg Haider Österreichs Le Pen sei, fragt die in Wien erscheinende „Kriti-sche Studenten-Zeitung“. Und sie antwortet mit Ja.

Von einem Rechtsruck ä la Reagan, Thatcher, Kohl oder Chirac hält dieses Blatt nicht viel. Die verkörpern den „militärisch-industriellen Komplex“ und bilden nach Meinung des Rechtsorgans nur die andere Seite derselben Medaille: Des linksgerichteten „etatistisch-kommerziel-len Komplexes“. „Unabhängig, umweltbewußt, basisdemokratisch“, heißt es im Untertitel der .britischen Studenten-Zeitung“, für deren Redakteure es dasselbe ist, wenn im großen Rahmen „die USA dem sowjetischen Bruder finanziell aus der Patsche helfen“, und wenn man sich im kleinen österreichischen Rahmen auf eine Große Koalition einigt.

Der wahre Rechtsruck, so erläutert das Blatt, vollzieht sich beim Kleinen Mann, „der als erster die Rechnung der Verteilungs-, Verschul-dungs- und Welthandelskrise präsentiert bekommt. Diese Kleinbürger, die am Monatsende keinen Groschen mehr in der Tasche haben“, könnten im Fernsehen täglich miterleben, „wie die superreichen Großverdiener ihre Steuergelder hinausschmeißen“.

,JDer Faschismus in seiner Epoche“, nannte Ernst Nolte seine umfangreiche Untersuchung über ein Phänomen der Zwischenkriegszeit mit seinen vielfältigen Auswirkungen in vielen Staaten Europas.

Heute sitzt die Euro-Rechte mit 16 Abgeordneten im Europäischen Parlament in Straßburg, Le Pens .front National“ erobert sich33 Sitze in der französischen Nationalversammlung (mehr als zehn Prozent der Stimmen), und in Eng land kämpft die. „National Front“ gegen farbige Einwanderer. In Belgien, Italien, Portugal und Spanien gibt es publizistische Sprachrohre einer neuen Rechtsbewegung, und in derB undesrepublikDeutsch-land bildet das dem Tübinger Grabert-Verlag angeschlossene Thule-Seminar eine Art Ableger der französischen ,$Iouvelle Droite“.

Die ideologischen Gemeinsamkeiten sind verblüffend, aber nicht neu: Da wird das ,Jiecht auf Ungleichheit“ gefordert, beklagt werden die ethnische und kulturelle Überfremdung durch Ausländerund der Verfall abendländischer Werte. Gesucht wird ein dritter Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus: Die „nationale Identität“, die aber oft mit einem europäischen Nationalismus vereinbar scheint.

Jörg Haiders Wahlerfolg hat mannigfaltige Gründe.

Das Wiederaufleben einer europäischen Rechten sollte bei der Analyse dieser Gründe nicht ganz ignoriert werden.

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