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Afrika - ein Reservoir der Weisheit

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B6nezet Bujo ist Zairese, ein Wanderer zwischen zwei Welten. Er hat in Würzburg studiert, in Kinshasa unterrichtet, hat seit 1985 einen Lehrauftrag in Nairobi und ist seit 1989 Professor für Moraltheologie an der Schweizer Universität Freiburg. Er ist also wie kaum ein anderer Theologe in zwei Kulturwelten zu Hause, woraus sich seine Mittlerrolle ergibt, von der auch vorliegende Publikation Zeugnis gibt.

Wenn Bujo im Untertitel vom „afrikanischen Modell" spricht, meint er damit das Bewußtsein des Afrikaners für Gemeinschaft gegenüber dem individualistischen Denken der Euro-Amerikaner. Im ersten Teil des Buches behandelt er Grundfragen der Ethik, wobei er europäisches und afrikanisches Denken konfrontiert. Bujo hinterfragt darin gemeingültige Nonnen kirchlicher und auch bürgerlicher Ethik. Der Leser erahnt, wie sehr die gesamte Theologie eine Symbiose mit der europäischen Geistesgeschichte eingegangen ist und diese verallgemeinert hat.

Im Gegensatz dazu steht das „afrikanische Modell", welches er äußerst differenziert entwickelt. Das ist deshalb notwenddig, weil Afrika seit der Kolonialisierung von europäischem Denken überlagert wurde. Dennoch zeigt sich die Überlebensfähigkeit der afrikanischen Kulturen. Dabei geht es um eine Auseinandersetzung mit

der Kirche im europäischen Gewand. Dies bedeutet für den Autor jedoch keine polemische Abrechnung mit der Missionsgeschichte, sondern er will zeigen, welchen Beitrag Afrika für die Menschen heute und ihre Umwelt zu leisten imstande ist.

Im zweiten Teil geht Bujo auf Detailfragen ein. Zum Beispiel auf das Problem der Ehe, den Feminismus, die Befreiungstheologie, die Menschenrechte, die Staatsverfassung, die Entwicklungspolitik, das Alter und die Ökologie. In all diesen Fragen und Problemen zeigt sich, wie sehr Vielheit und Unterschiedlichkeit bereichernd sein und zur Lösung brennender Menschheits- und Umweltfragen beitragen kann. Das Reservoir dieses Kontinents sollte genutzt werden.

Bujo plant, diese Buch auch in afrikanische Sprachen zu übersetzen, weil die Auseinandersetzung mit dem Euroamerikanismus auch für Afrikaner wichtig ist. Angesichts der „Sondersynode für Afrika" 1994 könnte dieses Buch wichtige Impulse setzen. Der Leser wird mit Staunen feststellen, daß die darin aufgeworfenen Fragen äußerst konkret, mit vielen Beispielen belegt, seine eigenen Fragen und Probleme behandeln.

DIE ETHISCHE DIMENSION DER GEMEINSCHAFT. Das afrikanische Modell im Nord-Süd-Dialog. Von Benezct Bujo. Universitätsverlag Freiburg und Herder Verlag Wien 1993. 225 Seiten, öS 359,-.

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