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Beschämendes Betteln für die Blauhelme

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UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali hat Alarm geschlagen: Die Vereinten Nationen werden bald zahlungsunfähig sein, wenn die Mitgliedstaaten nicht bald ihre Schulden begleichen.

Seit Jahren wird im UN-Hauptquartier die schlechte Zahlungsmoral der Mitgliedstaaten beklagt. Doch jetzt haben die Schulden dramatische Ausmaße erreicht: 1,9 Milliarden US-Dollar, davon 1,1 Milliarden für friedenserhaltende Operationen sind bereits ausständig. Bezahlt haben nach offiziellen Angaben (Stand: 3. September 1993) erst zehn der 184 UN-Mitglieder; neben Finnland, Liechtenstein oder Kanada auch Österreich. 7,6 Millionen Dollar beziehungsweise 79,8 Millionen Schilling flössen bereits im Februar aus Wien in die UNO-Kasse.

Das dramatische Defizit und die Säumigkeit der Mitgliedstaaten ist vor allem deshalb so arg, weil es noch nie so viele UN-Operationen gab, die der Friedenssicherung dienen sollen: Von Mazedonien bis Somalia, von Zypern bis Kambodscha. 15 neue Aufträge gab es allein in den letzten fünf Jahren, mehr als je zuvor in den Jahrzehnten zuvor. Rund 76.000 UN-Soldaten und Beobachter aus 74 Ländern sind im Einsatz, darunter 835 Österreicher. Für die Friedensoperationen gab die UNO im Vorjahr rund 1,4 Milliarden Dollar aus. Das klingt viel, ist es aber nicht. So war kürzlich zu lesen, daß im selben Jahr allein die New Yorker Polizei mehr Geld zur Verfügung hatte.

Doch zunehmend sind es dieselben Staaten, die zwar einerseits den Blauhelmen „grünes Licht” geben, aber dann gar nicht willens sind, auch die finanziellen Konsequenzen zu tragen. Das spürt auch der österreichische Finanzminister: Oft muß die Republik auf die zugesagte Kostenerstattung warten. Sie geht bereits in eine Größenordnung von rund 230 Millionen Schilling.

Die UNO, so argumentieren die Säumigen, habe sich zu einem „Faß ohne Boden” entwickelt. Die Bürokratie sei mit 50.000

Angestellten zu aufgebläht und arbeite ineffizient. Geld gäbe es erst nach erfolgten Reformen. (Zum Vergleich: die Stadt Wien arbeitet mit 63.041 Angestellten, die Landeslehrer gar nicht eingerechnet.)

Natürlich ist die UNO reformbedürftig. Das weiß niemand besser als der UN-Generalsekretär selbst. Entsprechende Vorschläge hat er schon vorgelegt.

Das reguläre Budget für 1993 - Peace-keeping-Operationen werden extra budgetiert - beträgt rund 1,1 Milliarden Dollar. Macht es potenten Staaten wie beispielsweise den USA wirklich so viele Probleme, in den gemeinsamen Topf der UNO einzuzahlen?

Trotz der Beendigung des Kalten Krieges werden Schätzungen zufolge immer noch rund 800 bis 900 Milliarden US-Dollar jährlich für Rüstung ausgegeben. Die Operation „Desert Storm” im Golfkrieg fraß beispielsweise 1,5 Milliarden Dollar pro Tag! Es ist beschämend, daß der UN-Generalsekretär schon betteln gehen muß, um die paar Kröten für sein Budget zusammenzukratzen.

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