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Österreich als Anwalt der Kleinen

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Da und dort ist den bisher euphoristi-schen Befürwortern der Lebensfähigkeit der neuen Staaten des ehemaligen Jugoslawien beziehungsweise der früheren Sowjetunion der Atem ausgegangen. Der Zweckoptimismuä wich einer nüchternen Betrachtungsweise -aus zweierlei Gründen. Einmal hat es Europa jetzt mit Gebilden zu tun, die viel Energie auf das Finden und Halten der nationalen Identität verwenden müssen, konträr zum europäischen Einigungsprozeß. Zum zweiten läßt die wirtschaftlich desaströse Lage der Nachfolgerepubliken beileibe nicht jene Souveränität zu, die sich die neuen Staaten so sehr wünschten.

Nehmen wir Slowenien, Österreichs neuen, willkommenen Nachbarn: Kaum sind die Bekenntnisse zur Völkerverständigung beiderseits der Karawanken verklungen - in der postkommunistischen Ära wähnte man ein Ende gewisser Urängste voreinander - beginnt man über Symbole, Rechts- und Vertretungsansprüche zu streiten. Der Ruf nach Wirtschafts- und Finanzhilfe wird die kommenden Jahre beherrschen.

Über Kroatien wird man momentan überhaupt keine Prognosen wagen dürfen: Die Zweideutig- und Wertigkeit internationalen Engagements - Stichwort „Blauhelme" - konterkariert die völkerrechtliche Anerkennung.

Die baltischen Republiken klagen über den Mangel an Aufmerksamkeit Europas für diese Region und die fast ausschließliche Konzentration des Westens auf die GUS-Staaten. Nachdem man die Unabhängigkeit Litauens, Lettlands und Estlands so überschwenglich als „Sieg" gefeiert hat, werden diese kleinen Gebilde heute übergangen.

Es ist es an der Zeit, eine neue europäische Wirtschafts-, Sicherheitsund Kooperationspolitik zu entwickeln. Was wäre besser dafür geeignet als das Forum der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), deren Außenminister zur Zeit in Prag die Aufnahme neuer Staaten und die Sinnhaftigkeit des Einmütigkeitsprinzips beraten. Österreichs Außenpolitik - von großem Verständnis für die Kleinen geprägt - ist herausgefordert, in Prag initiativ zu werden.

Der rechte Rahmen für das neue Europa ist die KSZE. Wenn die Chance besteht, die „europäische Hausordnung" der KSZE weit im Osten einzuführen, sollte man sie nützen. Im gleichen Ausmaß müssen Anstrengungen unternommen werden, den Bewohnern kleinerer Wohnungen Artikula-tions- und Kooperationsmöglichkeiten zu bieten. Österreich könnte - nach der Abnahme der Bedeutung der Gruppe der Neutralen und Nicht-Blockgebundenen - Anwalt dieser Gruppe werden.

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