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Konflikte um die KSZE

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Die Vorbereitungskonfe-renz für das Wiener KSZE-Treffen geht in ihre End-phase. Neben sachlichen Gesprächen gab es auch Differenzen in Verfahrensfragen.

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Die Vorbereitungskonfe-renz für das Wiener KSZE-Treffen geht in ihre End-phase. Neben sachlichen Gesprächen gab es auch Differenzen in Verfahrensfragen.

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Mehr Öffentlichkeit als bei den vergangenen Folgetreffen im KSZE-Prozeß (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) fordern die plurali-stisch-demokratischen Staaten für das Wiener Treffen, das Bundeskanzler Franz Vranitzky am 4. November eröffnen wird. Die dritte Folgekonferenz nach Helsinki wird in der Wiener Hofburg wie die FURCHE bereits berichtete — auf höchster politischer Ebene starten.

Es dürfte sicher sein, daß die Außenminister der 35 Signatarstaaten der Helsinki-Schlußakte an der Eröffnung teilnehmen. Österreich selbst hat großes Interesse an diesem Außenministertreffen und möchte das für weitere Folgekonferenzen sogar in den Modalitäten festschreiben.

Nun geht die seit etwas mehr als eine Woche bereits in Wien tagende Vorbereitungskonferenz für das im November startende Haupttreffen zu Ende. Dabei standen keinerlei substantielle Dinge zur Debatte, es ging nur um prozedurale Fragen.

In drei Punkten — so der österreichische Delegationsleiter, Botschafter Dr. Rudolf Torovsky -zeichneten sich gewisse Differenzen zwischen den Vertretern des Ostens und des Westens ab. Da ist einmal die schon eingangs erwähnte Forderung nach mehr Öffentlichkeit.

Manche Delegationen — hauptsächlich aus dem Bereich des Warschauer Paktes — meinen, dem öffentlichen Interesse an Inhalt und Fortgang der Verhandlungen sei durch Berichte der einzelnen Delegationen Genüge getan. Andere Vertretungen sind der Ansicht, daß - außer Eröff-nungs- und Schlußsitzung, wie bisher — auch andere Plenarsitzungen für die Presse zugänglich sein sollten. Trotz dieser Differenz herrscht Einmütigkeit darüber, daß die Menschen in 35 Staaten ein Anrecht darauf haben, zu wissen, was beim Wiener Folgetreffen beschlossen wird.

Eine weitere Auseinandersetzung gab es bei der Vorbereitungskonferenz hinsichtlich der Frage nach der Länge der sogenannten Generaldebatte zu Beginn des Folgetreffens. Während dieser Phase wird die Realisierung des seit Helsinki Vereinbarten analysiert und gewissermaßen „eingeklagt“. Das dient auch dem weiteren Ausbau des KSZE-Prozesses. Bisher dauerte diese Implementierungsphase etwa fünf bis sechs Wochen.

Nun möchte der Westen länger debattieren. Die Warschauer-Pakt-Staaten sind der Uberzeugung, man könne in vier Wochen alles sagen, was man möchte. Österreich steht auf dem Standpunkt, daß etwa sieben Wochen — also ungefähr bis Weihnachten dieses Jahres — dafür genügen müßten.

Schließlich ist man sich noch nicht im klaren, wann und in welcher Form die Stockholmer Konferenz für vertrauensbildende Maßnahmen und Abrüstung (KVAE) in Wien behandelt werden soll; sie wurde ja mit einem positiven Ergebnis, was die Ankündigung und Kontrolle von militärischen Aktionen betrifft, abgeschlossen.

Gegenwärtig laufen nach den ersten Grundsatzerklärungen der einzelnen Delegationen die informellen Gespräche; sie sollen konkrete Tagesordnungspunkte für die Hauptkonferenz ergeben.

Substanzfragen wurden — wie gesagt - nicht angegangen. Auch die leidige Affäre Daniloff hatte bisher keinen Einfluß auf Stimmung und Atmosphäre der Vorbereitungskonferenz in Wien. Die Sprache blieb sachlich.

Daß es bei der Hauptkonferenz, die etwa sieben bis zwölf Monate dauern wird, ganz anders zugehen wird, davon darf man überzeugt sein. Denn für jeden nur einigermaßen interessierten politischen Beobachter steht fest, daß zwischen Absichtserklärungen im Rahmen des KSZE-Prozesses und Realisation ein tiefer Graben klafft. Vor Optimismus wird gewarnt, Pessimismus ist aber auch nicht angebracht!

Botschafter Torovsky erwartet für die erste Phase des Wiener Folgetreffens nicht nur gegenseitige Kritik, sondern auch Vorschläge, wie man manches besser machen könnte. Die Vorgangsweise der österreichischen Delegation zielt in Richtung eines Ausgleiches zwischen den einzelnen, in Körbe zusammengefaßten Anliegen des KSZE-Prozesses.

Österreich setzt daher absichtlich keine Prioritäten bei den Fragen nach Sicherheit, Kooperation und den Menschenrechten. Uberhaupt möchte das neutrale Österreich mit seinen Vorschlägen „bescheiden“ sein, wie Torovsky betont.

Eine „Akzentsetzung“ wird Österreich in den Bereichen Handel und verstärkte Öffnung zwischen Ost und West, was den Informationsfluß betrifft, vornehmen. Sicherlich werden bei der Hauptkonferenz auch alle offenen Fragen im Bereich des Umweltschutzes angesprochen werden.

Momentan bereitet Österreich mit den anderen neutralen Ländern und den Blockfreien ein Programm für das KSZE-Haupttreffen vor.

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