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Mit Optimismus der Endrunde entgegen?

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Die Belgrader Folgekonferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit hat sich vertagt. Nach mehr als zwölfwöchiger Dauer, während der 224 Plenarsitzungen stattgefunden haben, reisten die 400 Delegierten aus 35 europäischen Staaten, den USA und Kanada in die Ferien. Entsprechend optimistischen Darstellungen aus Delegationskreisen hätte die Konferenz trotz der Verzögerungen weitgehend die von der Tagesordnung gegesteckten Ziele erreicht. Nach einer „Eiszeit“ im Belgrader Konferenzsaal, die nur mühselig durch einen vagen Kompromiß überwunden werden konnte, klingen solche Erklärungen allzu optimistisch.

Aus Interviews des sowjetischen Chefdelegierten Woronzow, des stellvertretenden amerikanischen Delegationsleiters Sherer, des Leiters der deutschen Delegation Fischer und des jugoslawischen Gastgebers, Botschafter Pesid, sind die Unterschiede klar ersichtlich. Wor-onzow erklärte, daß er die Amerikaner deshalb laufend kritisiert und attackiert habe, „weils sie die Arbeit der Konferenz behindert haben. Für Europa sind die wichtigsten Fragen: Sicherheit, Abrüstung, Zusammenarbeit auf ökonomischem und kulturellem Gebiet. Die Amerikaner wollten von den Prinzipien der Helsinkidokumente lediglich die Menschenrechte diskutieren, und das in einer unannehmbaren Art.“

flerr Woronzow, wie bringen Sie-Prozesse gegen Dissidenten mit den Prinzipien von Helsinki in Einklang?“ Woronzows Antwort: „In meinem Land haben keine Prozesse gegen Dissidenten stattgefunden. Lediglich Prozesse gegen Gesetzesbrecher, Diebe, Räuber und Wirt-schaftsverbrecher.“

Der stellvertretende amerikanische Delegationsleiter Sherer stellte dagegen fest, daß „die Sowjetunion mit Anprangerungen rechnen mußte, schon auf Grund der Verhaftung zahlloser Menschen, die lediglich die Einhaltung der Beschlüsse von Helsinki gefordert haben. Es ist der Zweck der Konferenz und ganz natürlich, wenn hier darüber gesprochen wird.“

Frage an den deutschen Delegationsleiter, Botschafter Fischer: „Konnte die Bundesrepublik Deutschland als EG-Staat ihre besonderen Anliegen vorbringen und ist sie mit dem Verlauf der Konferenz zufrieden?“ Botschafter Fischer: „Wir sind ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft und bewegen uns hier in ihrem Verband. Natürlich auch im größeren der atlantischen Verbündeten. Mit den bisherigen Konferenzergebnissen sind wir einigermaßen zufrieden, nicht ganz, wer könnte das schon sein? Der bisherige Verlauf hat aber gezeigt, daß man hier alle Probleme ansprechen kann, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. In den nächsten Wochen wird es darauf ankommen, exakte Beschlüsse zu formulieren. Wie weit wir das erreichen werden, läßt sich nicht sagen, aber wir sind vor allem um menschliche Kontakte bemüht,

Farn il ienzusammenfü hrungen, Eheschließungen und dergleichen ...“ „Sie meinen: zwischen den beiden Teilen Deutschlands?“ Fischer: „Zwischen allen Teilnehmerstaaten der KSZE, im besonderen natürlich mit einigen osteuropäischen Staaten wie der DDR und der Bundesrepublik Deutschland.“ Der jugoslawische Gastgeber Pesid, der sich während der Konferenz bei Krisen um den Bestand der Belgrader Runde oft besorgt gezeigt hatte, meinte, daß „man jetzt mit Optimismus der Endrunde entgegensehen“ könne.

Die Erklärungen des österreichischen Chefdelegierten Dr. Liedermann spiegelten Zurückhaltung. Er meinte, daß der „österreichische Kompromißvorschlag den Übergang von der Implementierungsdebatte der Durchführung der Schlußakte von Helsinki zur Redak-tkmsphase des Dokuments von Belgrad ermöglicht“ habe.

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