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P. V. - „Peron zurück“

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Die städtische Guerilla ist in Argentinien keine Folgeerscheinung der kubanischen Revolution. Als Peron 1945 der Achse den Krieg erklärte, unternahm die „Alianza Libertadora Nacio-nalista“ Tausende von Attentaten. Als Peron zehn Jahre später gestürzt wurde, erlebte Argentinien eine ähnliche Terronvelle.

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Die städtische Guerilla ist in Argentinien keine Folgeerscheinung der kubanischen Revolution. Als Peron 1945 der Achse den Krieg erklärte, unternahm die „Alianza Libertadora Nacio-nalista“ Tausende von Attentaten. Als Peron zehn Jahre später gestürzt wurde, erlebte Argentinien eine ähnliche Terronvelle.

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Seit dem Jahre 1969 halten „Kommandos“ vor allen Dingen die argentinischen Streitkräfte, die in der Bekämpfung der Guerilleros ihre wichtigste Aufgabe finden, in Schach. Die intensivste Mobilisierung im AntiGuerilla-Kampf ergab sich nach der Entfuhrung und Ermordung des ExPräsidenten Generalleutnant Pedro Eugenio Aramburu im Jahre 1970.

Bei der darauffolgenden Untersuchung wurden über 140 Zellen festgestellt, bei denen die ideologische Orientierung zwischen Mao-tse-Tung, Sartre und Perön pendelte. Bei den unzähligen Kommandoaktionen der letzten Jahre wird die Kennzeichnung der Tätergruppe um so schwieriger, als sich unpolitische Kriminelle häufig als Guerilleros tarnen.

Der aus Buenos Aires entführte Konteradmiral Francisco Agustin Alemän war Chef des Geheimdien-

stes der Marine, als diese 1955 die entscheidende Rolle beim Sturz Peröns spielte. Dieselbe Funktion hat der im Dezember ermordete Ex-Admiral Emilio Berisso bekleidet. Der in Cördoba erschossene Oberst Hector Alberto Iribarren leitete die Abwehrabteilung der 3. Armee. Die Mörder Aramburus erklärten, sie wollten die Erschießung von 27 peronistischen Aktivisten rächen, die von der Regierung Aramburu 1956 nach einem gescheiterten Putschversuch dieser Gruppe angeordnet wurde. Die Täter gehörten zu den „Mon-toneros“, einer rechtsradikalen Gruppe, die als Symbol Stempel mit der Inschrift verwendete: „Perön o Muerte — Perön oder den Tod“, oder „P. V.“ (Abkürzung für „Perön vuelve — Perön kehrt zurück“). Der Ausdruck „Montoneros“ stammt von den Kampfverbänden des argentinischen Diktators Juan Manuel de Rosas um 1850. Diese Gruppe macht sich jetzt für die Erschießung des Obersten Iribarren verantwortlich, die sie als „Guerilla-Ehrung für die in Aktion gefallenen Kameraden“ bezeichnet.

Die Entführung des Konteradmirals Alemän wird von dem „ERP“ („Ejercito Revolucionario Populär — Revolutionsheer des Volkes“) in Anspruch genommen. Dabei handelt es sich um den bewaffneten Arm einer winzigen trotzkistischen Arbeiterpartei. Diese hat vor allen Dingen durch die Ermordung des italienischen Industriellen Oberdan Sallu-stro Aufsehen erregt. Die Täter wollten Alemän vor ihr „Volks-, gericht“ stellen und ihn für die Erschießung der „Helden von Trelew“ verantwortlich machen. (Im Marinegefängnis von Trelew wurden 17 „ERP“-Guerilleros erschossen; auf der Flucht, wie die Marine sagt, in einem Massaker, wie die „ERP“ behauptet.)

Bezeichnend für die soziale Zusammensetzung der Guerilleros und für den Generationenkonflikt ist, daß ein Neffe des Konteradmirals Alemän, Oscar Ciarlotti, maßgebend an der Tat beteiligt war. In einem der „ERP“-Comuniques erklärte er: „Wir“ — er und seine Verlobte — „als Aktivisten des ERP, wirken mit, um auf die einzig mögliche Weise Gerechtigkeit zu üben gegenüber der Ungerechtigkeit des Bürgerheeres, das die Gefängnisse mit Kameraden füllt, die ihre Stimmen gegen die Ausbeutung erhoben haben ... Keine Familienbindung und kein Klassenprivileg werden uns vom Kampf an der Seite des Volkes abbringen.“

Die Terrorwelle, zu der auch das Bombenattentat gegen das Zentralgebäude der Marine in Buenos Aires gehört, verfolgt offensichtlich den Zweck, die Institutionalisierung der frei gewählten Cämpora-Regierung zu verhindern. Die Marine galt als der Heeresteil, der Perön am feindlichsten gesonnen war. Die Ermordung ihrer Elemente, die den Kampf gegen die Guerilleros — zum großen Teil peronistischer Einstellung — am schärfsten führen, soll die Marine empören und zu aktivem Widerstand gegen die Machtübertragung an die peronistische Regierung veranlassen.

Die eindeutigen Erklärungen der Marine-Autoritäten und des Präsidenten General Lanusse, dessen angebliche Rücktrittsabsichten dementiert wurden; beweisen, daß dieses Manöver fehlschlägt. Trotzdem haben die Attentate nicht nur eine starke Nervosität in Argentinien hervorgerufen, sondern auch das kommende Regime vor eine peinliche Alternative gestellt. Perön, der seine „Guerilla-Spezialkommandos“ stets ermutigt hat, behauptet, daß mit dem „Wegfall der offiziellen Gewalt“ der Terror seinen Sinn verlieren werde.

Während die Generale bis noch kurz vor den Wahlen die Machtübertragung von der Bedingung abhängig machten, daß keine allgemeine Amnestie erfolge, haben sie jetzt in diesem Punkt nachgegeben, verlangen aber eine klare Distanzierung des kommenden Regimes von den Gewaltakten. Campora hat bisher auf der Amnestie bestanden, von den Guerilleros als „gefangenen Helden“ oder „Märtyrern“ gesprochen, „mit deren Blut er keinen Handel treibe“.

Während die trotzkistische „ERP“ in dem peronistischen Argentinien von morgen eine ähnliche Rolle spie-1 len mag, wie sie der subversiven „MIR“ („Movimiento Izquierdista Revolucionario — Revolutionäre Linksbewegung“) in Chile gegen Allende zukommt, werden die bisher properonistischen „Montoneros“ zwischen der Gefolgschaft zu Perön und der Unterhöhlung seines Regimes durch illegale Gewaltakte zu wählen haben.

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