6786680-1970_16_08.jpg
Digital In Arbeit

An der Bahre Spretis

19451960198020002020

Innerhalb von zwei Wochen haben linke Terroristen den westdeutschen Botschafter in Guatemala, Karl Graf von S p r e t i, den Luftfahrtattache der nordamerikanischen Botschaft in der Dominikanischen Bepublik, D. J. Crowlej, den japanischen Generalkonsul Nobuo Okuchi (Sao Paulo) in Brasilien und den paraguayischen Provinzkonsul Waldemar S ä n c h e z (Provinz Corrientes) in Argentinien entführt, während ein von Bechtsextremisten unternommener ähnlicher Versuch gegen den stellvertretenden Leiter der sowjetischen Handelsdelegation, Juri Piwowarow, in Buenos Aires gescheitert ist. Das größte internationale Aufsehen hat die Ermordung Spretis erregt.

19451960198020002020

Innerhalb von zwei Wochen haben linke Terroristen den westdeutschen Botschafter in Guatemala, Karl Graf von S p r e t i, den Luftfahrtattache der nordamerikanischen Botschaft in der Dominikanischen Bepublik, D. J. Crowlej, den japanischen Generalkonsul Nobuo Okuchi (Sao Paulo) in Brasilien und den paraguayischen Provinzkonsul Waldemar S ä n c h e z (Provinz Corrientes) in Argentinien entführt, während ein von Bechtsextremisten unternommener ähnlicher Versuch gegen den stellvertretenden Leiter der sowjetischen Handelsdelegation, Juri Piwowarow, in Buenos Aires gescheitert ist. Das größte internationale Aufsehen hat die Ermordung Spretis erregt.

Werbung
Werbung
Werbung

In Kolumbien wurden seit 1958 mehr als hundert Politiker, Diplomaten, Geschäftsleute und Großgrundbesitzer entführt, im Rahmen der „Violencia“, als Nachklang des Bürgerkrieges, oder bei kriminellen Aktionen, bei denen nur Lösegeld erpreßt werden sollte.

In Guatemala gehören Entführungen zum politischen Alltag. 1968 wurden der nordamerikanische Botschafter Gordon Mein und zwei seiner Militärattaches erschossen, als sie Entführern Widerstand leisteten. In diesem Jahre erlitten, noch bevor Graf von Spreti Opfer der Terroristen wurde, der Außenminister Alberto Fuentes und der Attache für Sozialfragen der nordamerikanischen Botschaft, S. M. Holly, ein ähnliches, weniger tragisches Schicksal. In Brasilien erregte schon im September 1969 die Entführung des nordamerikanischen Botschafters Burke Elbrick weltweites Aufsehen. Nach der Erschießung des früheren KP-Abgeordneten und Guerillaführers Nr. 1 Carlos Mari-ghela glaubte die Militärpolizei, die subversiven Gruppen zerschlagen zu haben, muß jetzt aber zugeben, daß sie sich neu organisiert haben. Dabei kommt dem früheren Heereshauptmann Carlos Lamarca eine führende Rolle zu. Er hat im Jänner 1969 mit einigen Mitgliedern des 4. Infanterieregiments, die bei dieser Gelegenheit überliefen, das Arsenal dieser Einheit mitten in Sao Paulo geplündert. Ihm wird jetzt der Raub des japanischen Generalkonsuls zugeschrieben. Dagegen ist ihm in der Nacht vorher die Entführung des Polizeichefs von Guanabara (Rio de Janeiro), des Generals Franca de Oliveira, mißlungen.

In Uruguay wurde der Bankier und Zeitungsverleger Gaetano Pellegrini Giampietro von der linksintellektuellen Terroristenorganisation „Tupamaros“ entführt und 73 Tage lang verborgen gehalten. In Argentinien stellt die Entführung des paraguayischen Provinzkonsuls Waldemar Sänchez, dessen Schicksal ganz Lateinamerika am Karfreitag in Atem hielt, ein Novum dar. Das „Nationalkommando der argentinischen Befreiungsfront“, das sich des Attentates rühmt, war bisher unbekannt.

In fast allen Fällen gaben die Regierungen den Ultimaten der Entführer nach und ließen verhaftete Guerillas frei, denen sie „freies Geleit“ nach Mexiko gaben, um das Leben der bedrohten Diplomaten zu retten. Im Falle Spreti las man's anders ...

Soweit die Terroristen mit ihren vielfältigen Aktionen die „Ordnungsorgane der feindlichen Regierungen“ stören und für „Publicity“ sorgen wollen, erreichen sie ihr Ziel. Aber sie haben kaum Chancen, in ihrem „revolutionären Kampf“, von dem sie sprechen, zu siegen, solange es ihnen nicht gelingt, Heer und Polizei zu unterwühlen. Gewiß haben die bolivianischen Minenarbeiter 1953 das „Heer der Oligarchie“ besiegt, so wie Fidel Castro vor mehr als einem Jahrzehnt durch den Guerillakrieg an die Macht gekommen ist. Aber es scheint, daß eine klassenkämpferische Revolution unter den derzeitigen Verhältnissen in Lateinamerika nur Erfolg haben kann, wenn Offiziere zu ihr überlaufen. Nun gibt es unter den Guerillaführern gewisse frühere Offiziere. Aber es sind Einzelgänger. Die Heere und die Polizeiorganisationen stehen in allen lateinamerikanischen Ländern, zumindest soweit es um den Kampf gegen die Linke geht, fest hinter ihren Regierungen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung