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Dialog noch am Anfang

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Nach dem großartigen Erfolg des von der Paulus-Gesellschaft Ende April vergangenen Jahres in Salz- . bürg veranstalteten ersten internationalen Kongresses über „Christentum und Marxismus heute“ durfte man dem neuerlichen Treffen zwischen Christen und Marxisten, das vom 28. April bis 1. Mai in Herrenchiemsee stattfand, und dem Thema „Christliche Humanität und marxistischer Humanismus“ gewidmet war, mit besonderer Spannung entgegensehen. Bereits am Eröffnungsabend wurde deutlich, daß beide Seiten mit der Hoffnung auf eine stärkere Konkretisierung des Gespräches nach Herrenchiemsee gekommen waren.

Prof. Roger Garaudy, einer der markantesten intellektuellen Vertreter des französischen Kommunismus, sprach vom „wachsenden Bewußt- werden der Verantwortung für ge- . meinsame Ziele“, vom „Humanismus als gemeinsamen Nenner zwischen Gläubigen und Ungläubigen“ und von der Notwendigkeit, „jede Form von Dogmatismus und Integrismus energisch zurückzudrängen“.

Dr. Erich Kellner, der geistige Initiator und geschäftsführende Vorsitzende der Paulus-Gesellschaft (siehe auch Seite 4), betonte die Notwendigkeit einer ideologischen Koexistenz, die nur auf der Grundlage eines universalen, moralischen Prinzips möglich sei, das von beiden Parteien gleichermaßen akzeptiert werde. Kellner forderte die Schaffung geeigneter Institutionen, die allein eine solche Koexistenz garantieren könnten. Wenn der Dialog zwischen Christentum und Marxismus irgendeinen Sinn haben soll, so den, in die konkrete Wirklichkeit des Hier und Jetzt einzugreifen. „Alles Reden über die Zukunft muß einen Bezug zum konkreten Hier und Jetzt haben, sonst wird es unweigerlich ideologisch“, meinte Dr. Kellner. In der Tat liegen die eigentlichen Schwierigkeiten des Dialogs gar nicht so sehr in den Irrtümern und Sünden der Vergangenheit, in den gegenseitigen Vorurteilen, die bei einigem guten Willen sehr wohl überwunden werden können, wie der bisherige Verlauf der Gespräche gezeigt hat. Sie entspringen auch nicht ausschließlich der gewiß nicht hinwegzuleugnenden Differenz im Hinblick auf die Zukunft, hat es sich doch immer wieder herausgestellt, daß man über die Zukunft sehr gut miteinander reden kann.

Was den Dialog zwischen Christentum und Marxismus so sehr erschwert, sind die höchst gegenwärti gen Interessen des institutionalisierten Christentums und des institutionalisierten Marxismus und die damit zusammenhängenden Fragen der Macht, des Einflusses und des Prestiges; ist das Vorhandensein eines marxistischen und auch katholischen

Integrismus, der jeden echten Dialog im Keim erstickt. Wann immer die Rede auf die Unzulänglichkeiten der Gegenwart kommt, droht das Gespräch polemisch zu entarten oder überhaupt abzubrechen. Hier scheint in der Tat der tote Punkt zu liegen, der in allen bisherigen Gesprächen trotz aller Offenheit und Aufgeschlossenheit für den Standpunkt des anderen nicht nur nicht überwunden werden konnte, sondern auch das an sich sehr hohe theoretische Niveau der Auseinandersetzung immer wieder empfindlich beeinträchtigt.

schwierig, den ursprünglichen Intentionen des Marxismus gerecht zu werden und den Wesenskern von seiner verdinglichten Schale zu unterscheiden. Auch hier wird nur allzuoft die schlechte Praxis zum Maßstab der Theorie gemacht. Daß aus

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