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„Eine beklagenswerte Vergangenheit”

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Im Vatikan wurden am 3. Jänner 1975 „Richtlinien und Hinweise für die Durchführung der Konzilserklärung ,Nostra aetate, Artikel 4’ “ veröffentlicht. Erarbeitet wurde das Dokument von der „Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum”. Wir zitieren im folgenden einige Teile aus dem jüngsten vatikanischen Dokument.

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Im Vatikan wurden am 3. Jänner 1975 „Richtlinien und Hinweise für die Durchführung der Konzilserklärung ,Nostra aetate, Artikel 4’ “ veröffentlicht. Erarbeitet wurde das Dokument von der „Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum”. Wir zitieren im folgenden einige Teile aus dem jüngsten vatikanischen Dokument.

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Die Erklärung des II. Vatikanischen Konzils „Über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen (Nostra aetate, Nr. 4) vom 26. Oktober 1965 bedeutet einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der Beziehungen zwischen den Juden und den Katholiken.

Der historische Kontext, der die Initiative des Konzils dabei weitgehend bestimmt hat, war die Erinnerung an die Verfolgungen und die Massenhinrichtungen von Juden, die in Europa in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und während des Krieges geschehen sind.

Obgleich das Christentum innerhalb der jüdischen Religion entstanden ist und bestimmte Wesenselemente seines Glaubens und seines Kultes von ihr empfangen hat, ist die Kluft zwischen beiden immer tiefer und weiter geworden, bis hin zum völligen Verkennen des anderen auf beiden Seiten.

Nach zwei Jahrtausenden, die allzuoft durch gegenseitige Unkenntnis und offene Feindschaft geprägt waren, eröffnete die Erklärung „Nostra aetate” den Weg zum Zustandekommen oder zur Fortsetzung des Dialogs mit dem Ziel eines besseren gegenseitigen Verstehens. Seitdem sind in den vergangenen neun Jahren in verschiedenen Ländern zahlreiche Initiativen unternommen worden. Sie haben zu einer besseren Erkenntnis der Bedingungen geführt, unter denen neue Beziehungen zwischen Juden und Christen zustande kommen und sich weiter entwickeln können. Nun scheint der Augenblick gekommen, auf Grund der Richtlinien des Konzils einige konkrete Hinweise zu geben, gestützt auf Erfahrungen und in der Hoffnung, daß sie zur Verwirklichung der in dem Konzilsdokument dargelegten Zielsetzungen eine Hilfe sein könnten.

Im Hinblick auf dieses Dokument mag hier die einfache Erklärung genügen, daß die geistlichen Bande und die historischen Beziehungen, die die Kirche mit dem Judentum verknüpfen, jede Form des Antisemitismus und der Diskriminierung als dem Geist des Christentums widerstrei tend verurteilen, wie sie ja auch bereits auf Grund der Würde der menschlichen Person an und für sich verurteilt sind. Darüber hinaus entsteht aus diesen Banden und Beziehungen die Verpflichtung zu einem besseren gegenseitigen Verstehen und einer neuen gegenseitigen Hochschätzung. Konkret bedeutet dies im be sonderen, daß die Christen danach streben, die grundlegenden Komponenten der religiösen Tradition des Judentums besser zu verstehen und daß sie lernen, welche Grundzüge für die gelebte religiöse Wirklichkeit der Juden nach ihrem eigenen Verständnis wesentlich sind.

Im Anschluß an diese grundsätzlichen Erwägungen sollen hier nun einige erste Vorschläge zur praktischen Durchführung auf verschiedenen Ebenen des Lebens der Kirche unterbreitet werden, mit dem Ziel einer gesunden Entwicklung der Beziehungen zwischen den Katholiken und ihren jüdischen Brüdern.

Der Dialog

In der Tat sind die Beziehungen zwischen Juden und Christen, wo sie überhaupt vorhanden sind, im großen und ganzen noch kaum über das

Stadium des Monologes hinausgekommen: um so wichtiger ist, daß nun ein wirklicher Dialog entsteht.

Der Dialog setzt den Wunsch voraus, sich gegenseitig kennenzulernen und diese Kenntnis zu entwickeln und zu vertiefen. Er ist ein hervorragendes Mittel zur Erlangung eines besseren gegenseitigen Verstehens und eines tieferen Bewußtseins von dem Reichtum der eigenen Tradition. Das gilt besonders vom jüdisch- christlichen Dialog. Eine weitere Bedingung des Dialogs ist der Respekt gegenüber der Eigenart des anderen, besonders gegenüber seinem Glauben und seinen religiösen Überzeugungen.

Wenn es wahr ist, daß auf diesem Gebiet noch immer eine Atmosphäre eines weit ausgebreiteten Mißtrauens vorherrscht, das sich aus einer beklagenswerten Vergangenheit herleitet, sollen die Christen ihrerseits ihren Anteil von Verantwortlichkeit dafür anerkennen und daraus praktische Folgerungen für die Zukunft ziehen.

Unter Umständen, die es möglich und auf beiden Seiten erwünscht erscheinen lassen, empfiehlt sich auch eine gemeinsame Begegnung vor Gott im Gebet und in der schweigenden Betrachtung, die sich dahin auswirken wird, daß die Demut und die Öffnung des Geistes und des Herzens entsteht, wie sie für eine tiefe Er- kenntins des eigenen Ich und des anderen notwendig sind. Anlässe für eine solche Gebetsgemeinschaft sind besonders große Anliegen, wie Gerechtigkeit und Frieden.

Bekanntlich gibt es zwischen der christlichen und der jüdischen Liturgie Verbindungen. Die jüdische Liturgie ist ebenso wie die christliche Liturgie bestimmt durch die Gemeinschaft des Lebens im Dienste Gottes und der Menschheit aus Liebe zu Gott, wie sie sich in der Liturgie verwirklicht. Von besonderer Bedeutung für die jüdisch-christlichen Beziehungen ist die Erkenntnis der gemeinsamen Elemente des liturgischen Lebens (Gebetstexte, Feste, Riten und so weiter).

Man soll bemüht sein, besser zu verstehen, was im Alten Testament von eigenem und bleibendem Wert ist, wie dies durch die spätere Interpretation im Licht des Neuen Testamentes, die ihm seinen vollen Sinn gibt, nicht entwertet wird, so daß sich vielmehr eine wechselseitige Beleuchtung und Ausdeutung ergibt. Dies ist um so wichtiger, als die Christen durch die Liturgiereform immer häufiger mit den Texten des Alten Testaments in Berührung kommen.

In den vergangenen Jahren ist, wenn auch noch eine große Arbeit zu leisten bleibt, schon ein besseres Verständnis des Judentums an und für sich und in seiner Beziehung zum Christentum erreicht worden, dank der Belehrung durch die Kirche, des Studiums und der Forschungsarbeit der Wissenschaftler, und ebehsö als Frucht des Dialogs, wo ein solcher zustande gekommen ist.

Die wissenschaftliche Erforschung der Probleme des Judentums und der jüdisch-christlichen Beziehungen soll deshalb gefördert werden, besonders in den Bereich der Exegese, der Theologie, der Geschichte und der Soziologie. Die katholischen Universitäten und Forschungseinrichtungen, möglichst in Verbindung mit anderen ähnlichen christlichen Instituten, wie auch die einzelnen Fachleute sind eingeladen, ihren Beitrag zur Lösung dieser Probleme zu leisten. Wo es möglich ist, sollen Lehrstühle für das Studium des Judentums geschaffen werden, die Zusammenarbeit mit jüdischen Gelehrten soll ermutigt werden.

Die bewußte Überzeugung vom Wert der menschlichen Person, des Ebenbildes Gottes, ist Bestandteil der jüdischen und der christlichen Tradition, die sich auf das Wort Gottes gründet. So muß sich die Liebe zu demselben Gott umsetzen in ein wirksames Handeln zugunsten der Menschen. Juden und Christen sollen im Geist der Propheten bereitwillig Zusammenarbeiten zur Förderung von Gerechtigkeit und Frieden im örtlichen, nationalen und internationalen Bereich.

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