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Gaullismus im Jähre 2000

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Der Begründer des Gaullismus ist derzeit 76 Jahre alt. Selbst mit den vorzüglichsten Methoden der Medizin ist kaum anzunehmen, daß General de Gaulle das nächste Jahrhundert erleben wird. Ist daher die mit seinem Namen verbundene Bewegung verurteilt zu verschwinden, oder wirken seine Ideen soweit schöpferisch und politisch weiter?

Strukturen und Perspektiven

Die große Gewissenserforschung der GaulMsten setzte im September ein und fand ihren Höhepunkt vom 24. bis 26. November in Lille. Daher ist es angebracht, die Strukturen und Perspektiven der derzeitigen Mehrheit in Frankreich zu untersuchen.

Nach dem 13. Mai 1958 entstanden zahlreiche Gruppen und Sekten, die sich alle auf den General beriefen. Keine von ihnen hat jedoch je die Berechtigung erhalten, seinen Namen in Anspruch zu nehmen oder sich auf ihn zu berufen. Die jetzige Sammelbewegung UNR-UDT wird keineswegs vom Staatschefs geleitet. Selbst Ministerpräsident Pompidou ist nicht das Parteioberhaupt. De Gaulle und Pompidou haben sogar die Mitgliedschaft in der UNR-UDT abgelehnt. Der Ministerpräsident ist Chef der parlamentarischen Mehrheit der V. Republik, was immerhin eine Nuance darstellt.

Die UNR-UDT ist eine Bewegung, die den 'Wüllen des Staatschefs in parlamentarische und politische Begriffe umsetzt und der Öffentlichkeit unterbreitet. Seit Monaten unternimmt die Partei eine organisatorische Arbeit in die Breite wie in die Tiefe. Zahlreiche Regionalkongresse am 5. November bewiesen, daß auch die Jungwähler diesen neuen Dyna-mismus anerkennen. Die Partei wiederum hat es verstanden, ein gewisses Image zu schaffen. Derzeit wird die UNR von einem Zentralkomitee geleitet, das sich aus den Ministern und den ehemaligen Generalsekretären zusammensetzt. Diesem Leitungsorgan gehören weiter 45 gewählte Mitglieder an. Die Koordinierung, die früher ein einziger Generalsekretär vorgenommen hat, wird jetzt von einem Kollegium gleichberechtigter Sekretär durchgeführt.

Tomasanl zeichnet für die allgemeine Verwaltung. Taittinger (von der berühmten Champagner-Marke) übernahm die Finanzen. Andre Fanton leitet Presse und Information. Char-bonnel steht dem Ressort Wirtschaft und soziale Probleme vor, und Pou-jade (nicht zu verwechseln mit dem Steuerschreck der IV. Republik) widmet sich dem lokalen Aufbau. Die Basisorganisation gliedert sich in 487 Wahlbezirke, die in 415 Departements liegen und zu 20 Regionen übergeordnet zusammengeschlossen wurden. In den größeren Städten finden wir Parteisekretariate mit meistens ehrenamtlichen Mitarbeitern. Neben dem Zentralkomitee sehen wir ein Nationalkomitee von 800 Mitgliedern.

Die UNR weist zwei unabhängige Spezialorganisationen auf. Die Jugendlichen finden ihre Heimat in der „Union des Jeunes pour ie pro-gres“. Die gaullistischen Frauen sammeln sich im „Centre feminin d'etude et d'information“. Neben diesen von der Partei anerkannten Spezialaktionen flattern unzählige Klubs am linken Flügel, die, sehr oft unbekannt, im Generalsekretariat in seltenen Fällen registriert werden. Sie sind in den Organen der Partei nicht vertreten. Der Chef der Stu-dienzentrale UNR seufzt: „Hier tobt sich der französische Individualismus aus. Jeder will sein eigener Parteichef sein.“

Die Alten und die Jungen

Der Gaullismus vor dem 13. Mai 1958 war zu einer kleinen Sekte zusammengeschmolzen. Die UNR vereinigte alle diese Kräfte, aber seit 1965 strömten von verschiedensten Seiten neue Persönlichkeiten in die Mehrheit. Einzelne kamen vom MRP, wie Maurice Schumann. Der jetzige Informationsminister Gorse wieder war Sozialist. Von den 28 derzeitigen Regierungsmitgliedern hatten vier vor Amtsantritt niemals einen Kontakt mit der Partei aufzuweisen. Vor allem die junge Generation — ein Staatssekretär zählt nur 35 Jahre — wünscht das Zurückdrängen der „alten Barte“, die nach Meinung dieser jungen Technokraten in Erinnerungen schwelgen. Diese Kreise wissen zu gut, daß die Partei nicht immer mit dem gewaltigen Prestige des Generals Wahlen gewinnen kann. Sie sehen ein Land in voller Veränderung und wollen die Mutationen — ein Lieblingsbegriff der jungen Gaullisten — bestimmen oder zumindest mit beeinflussen. Der bisherige Rahmen der Partei ist ihnen daher zu eng geworden. Sie fordern eine moderne Bewegung, welche die Strukturen der V. Republik und ihre Stabilität respektiert, aber zukünftige politische und wirtschaftliche Visionen erarbeitet.

Die Aufgaben von morgen

Wie sehen die Pläne für die Gaullistische Partei der Zukunft aus? Der

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