Der Pleitegeier als Jobkiller

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Rund 17.700 Arbeitnehmer waren allein in den ersten drei Quartalen 2003 von den Konkursen ihrer Arbeitgeber betroffen. Viele von ihnen werden in Arbeitsstiftungen für einen neuen Job qualifiziert.

Dass sein Arbeitgeber in Konkurs ist, hat Klaus Salamonsberger per Zufall mitbekommen. Ein Kollege hat ihn ganz nebenbei gefragt hat, ob er eigentlich schon wisse, dass der Betrieb pleite sei. Er war damals beim Bundesheer und sollte im Anschluss an seinen Wehrdienst wieder zu der Internet-Firma zurückkehren, bei der er zuvor drei Jahre lang als Programmierer von Webshops tätig war.

Durch Zeitungsberichte haben Salamonsberger und seine Kollegen dann von der Möglichkeit erfahren, in eine Arbeitsstiftung aufgenommen zu werden. Wie etwa 20 bis 30 Prozent der im Zuge von Insolvenzen arbeitslos gewordenen Dienstnehmer hat auch der gebürtige Oberösterreicher von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Arbeitsstiftungen stehen entweder als ständige Einrichtung den von Konkursen betroffenen Belegschaften offen (wie in Wien im Rahmen der Arbeitsstiftung des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds WAFF), oder werden anlassbezogen im Fall von großen Insolvenzen (wie etwa von Grundig Österreich) ins Leben gerufen. "Die Finanzierung übernehmen das jeweilige Bundesland, zum Teil auch größere Gemeinden, und das Arbeitsmarktservice (AMS, Anmerkung d. Red.)", erklärt Andreas Heiß, beim AMS Österreich für den Bereich Arbeitsstiftungen zuständig. Die Kosten: im Durchschnitt zwischen 6.000 und 7.000 Euro pro Teilnehmer.

Hilfe bei der Qualifizierung

Der Sinn solcher Einrichtungen ist es, Berufsorientierung und Weiterbildung zu bieten, um die Teilnehmer den Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechend zu qualifizieren. Für die Dauer der Kurse bekommen sie nicht nur verlängertes Arbeitslosengeld für bis zu drei, ältere Arbeitslose sogar bis zu vier Jahre, sondern auch ein Stipendium. Die Kursgebühren werden ebenfalls zur Gänze bezahlt.

Am Beginn steht eine vier- bis sechswöchige Phase der Berufsorientierung, die mit der Erstellung eines Karriereplanes endet, erklärt Heiß. "In dieser Zeit wird in Gruppen erst einmal geklärt, was die einzelnen Teilnehmer für Qualifikationen haben und ob es sinnvoll und gewünscht ist, darauf aufzubauen, oder ob sie sich lieber gänzlich neu orientieren wollen." Im Anschluss daran beginnen je nach Berufsziel unterschiedliche Weiterbildungsmaßnahmen. Alexander Juen, Geschäftsführer der WAFF Arbeitsintegrations GmbH, die für die Betreuung der Arbeitsstiftung in Wien zuständig ist, fasst die Möglichkeiten zusammen: "Das geht von einem Deutschkurs und dem Staplerschein bis zu einem Fachhochschul-Studium, je nach Vorbildung und Ziel." Anschließend steht noch, falls nötig, Bewerbungstraining auf dem Programm.

Klaus Salamonsberger nützte die Möglichkeit, sein Elektrotechnik-Studium mit finanzieller Unterstützung des WAFF zu beenden. Ziel: Hard- und Softwareentwickler. Begleitend besuchte er ein Rhetorikseminar. Zum dem geplanten Fremdsprachenkurs kam es nicht mehr, denn vor drei Monaten fand der 29-Jährige einen neuen Job und ist aus der Stiftung ausgetreten. Das Studium hat er im Oktober beendet. So wie er finden laut Alexander Juen vom WAFF rund 70 Prozent während oder gleich anschließend an die Stiftungsmaßnahmen einen neuen Arbeitsplatz.

Ansprüche geltend machen

Ein anderes Angebot für die von einer Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer bieten die Insolvenzschutzverbände, die je nach Bundesland von der Arbeiterkammer allein oder gemeinsam mit dem Gewerkschaftsbund geführt werden. Sie sind für die Beratung und Vertretung der Arbeitnehmer bei der Geltendmachung offener Forderungen zuständig. "Meist haben die Angestellten schon seit ein oder zwei Monaten kein Gehalt mehr bekommen, wenn der Konkurs über das Unternehmen eröffnet ist", erklärt Margit Mader, stellvertretende Geschäftsführerin des Insolvenzschutzverbandes Wien. Die Mitarbeiter der Verbände stellen für die Betroffenen die Anträge auf Mittel aus dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, mit denen offene Gehälter, Abfertigungen und Urlaubsansprüche bezahlt werden.

Das Problem: "Die Auszahlung dauert viel zu lange", beklagt Mader. "Die Leute warten bis zu acht Monate auf ihr Geld." Mangels regelmäßigen Einkommens würden die Banken in dieser Zeit keine Kredite gewähren, genug Erspartes zur Überbrückung der Wartezeit sei nur in seltenen Fällen vorhanden. Mader: "Das geht immer wieder bis zur Delogierung, weil keine finanziellen Ressourcen für die Miete mehr da sind."

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