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Angst vor dem Sommer

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„Das war der höchste Zuwachs, den es je gab“, erklärte stolz Salzburgs Fremdenverkehrschef Hofrat Man-zano im Rückblick auf den heurigen Winter. Der längste Winter seit Jahrzehnten brachte dem immer mehr zum Wintersport tendierenden Fremdenverkehr im Salzburger Bereich die höchste Steigerung innerhalb Österreichs und den größten Zuwachs, den es je gab. 423.705 Nächtigungen mehr brachten im Zeitraum vom 1. November 1969 bis zum 30. April 1970 die Salzburger Fremdenverkehrsbilanz auf neue Rekordhöhen. Daß dabei 62 Prozent auf Ausländer entfielen, wertet man in der Salzach-Metropole besonders hoch. „Hätte es nicht so einen kalten Jänner und Februar gegeben“, wäre, wie man annimmt, bei den Nächtigungen die 4-Milliarden-Grenze übersehritten worden. Daß man in Salzburg ob der Steigerung um 11,9 Prozent der Winterziffern nicht nur frohlockt, ist auf die bisher eher schlechte Vorsaison zurückzuführen. Der Inhaber eines Fremdenverkehrsbetriebes irri-

Gasteinertal meinte: „Den Mai sollten wir zur Wintersaison rechnen — so viel Schnee hatten wir, und so viele Skifahrer!“ Man hat Angst vor einer schlechten Sommersaison,

• nicht nur, weil die Wetterfrösche einen schlechten Sommer prophezeien,

• sondern auch, weil der Trend zum Winterurlaub im internationalen Reisegeschäft anhält.

In der Saison 1969/70 erreichten die Winternächtigungen bereits mehr als 45 Prozent des Salzburger Sommerreiseverkehrs, und der Trend, die Wintersaison noch zu verstärken, geht weiter: So will man

• den Gasteiner Skigroßraum erschließen,

• das Gebiet von Maria Alm und Dienten zu einem Großraum zusammenfassen

• und die Werbung für die Europaregion Zell atm See ^— Kaprun verstärken.

Daß so große Skigebiete wie Ober-tauern nur eine Steigerung von über 5 Prozent hatten, führt man dabei weniger auf eine sinkende Beliebtheitskurve, als auf eine total ausgelastete Hotelerie, die nicht mehr aufnahmefähig ist, zurück. Um im Sommer nicht zurückzufallen, wird man aber beim bekannt unsicheren Wetter Salzburgs den Bau der Hallen- und Freibäder gleichermaßen intensivieren müssen.Denn Minigolf und Tennis, Golf und Reiten, Schwimmbad und Sauna — das alles will der Gast aus dem Ausland heute zur Verfügung haben, wenn er schon bei kühleren Temperaturen als an der Adria Urlaub macht. „Die Infrastruktur der Orte muß weiter verbessert werden“, erklärt man in der Salzburger Handelskammer.

Sorgenfalten hat man aber eigentlich nur im Bereich der Stadt Salzburg. Nicht nur, daß man erstmals in den absoluten Nächtigungsziffern mit 484.839 hinter Saalbach mit 504.972 auf den zweiten Platz zurückgefallen ist, sondern es haben auch diverse Aktionen zur Belebung der Wintersaison nicht voll eingeschlagen.

• So ist die Paracelsuskur bisher nur auf wenige Dutzend Gäste beschränkt geblieben.

• Die Werbung für ein „Weih-nachts- und Neujahrsfest in Salzburg“ ist kaum zu einem größeren Erfolg geworden.

• Und auch die Osterfestspiele brachten mehr den besseren Hotels, weniger aber den „gutbürgerlichen Gasthöfen“ und den Privatzimmervermietern das große Geschäft. „Nur ein heißer und trockener Sommer könnte noch eine Steigerung bringen“, erklärt man pessimistisch auch an den Salzkammergutseen. Denn nach dam Mai haben auch die ersten Tage des Juni gegenüber dem Vorjahr ein Minus gebracht.

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