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Teures Land

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Ein extrem schneearmer Winter und ein verregneter Mai und Juni haben für heuer keine guten Aussichten auf die Fremdenverkehrsergebnisse des ersten Halbjahres erwarten lassen: daß die Rekordzünahme der Ubernachtungen von zwölf Prozent, die im Vorjahr erzielt worden war, heuer nicht mehr erreicht werden würde, war Fachleuten ohnehin schon vor Jahresbeginn klar.

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Ein extrem schneearmer Winter und ein verregneter Mai und Juni haben für heuer keine guten Aussichten auf die Fremdenverkehrsergebnisse des ersten Halbjahres erwarten lassen: daß die Rekordzünahme der Ubernachtungen von zwölf Prozent, die im Vorjahr erzielt worden war, heuer nicht mehr erreicht werden würde, war Fachleuten ohnehin schon vor Jahresbeginn klar.

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Mit 8,5 Millionen Ubernachtungen im Inländerfremdenverkehr hat es in der ersten Jahreshälfte auf diesem Sektor einen geringfügigen Rückgang um 0,5 Prozent gegeben, also keinesfalls den Rückschlag, den man bereits befürchtet hatte. Denn daß der Plafond des Inländerfremdenverkehrs einmal erreicht werden müßte, war schon lange erwartet worden — und das scheint heuer eingetreten zu sein.

Der Ausländerfremdenverkehr scheint hingegen überhaupt nicht auf die ungünstige Witterung reagiert zu haben: Die Zahl der Ubernachtungen ist im ersten Halbjahr wieder um 8,5 Prozent gestiegen, was auch in Rekord-Deviseneingängen seinen Niederschlag findet. Fast 16 Milliarden Schilling und eine Steigerung um 29 Prozent lassen die Zukunft des österreichischen Fremdenverkehrs durchaus optimistisch beurteilen. Der Nettozuwachs an Devisen mit rund 11,1 Milliarden Schilling liegt erheblich über jenem des Vergleichszeitraumes des Vorjahres. Der Steigerung von 29 Prozent im ersten Halbjahr steht die Steigerung des Vorjahreszeitraumes von nicht ganz 27 Prozent gegenüber.

Daß das Schlechtwetter so gut wie keine Auswirkungen gezeigt hat, hat in Fachkreisen überrascht, wird aber befriedigt registriert. Der März brachte bessere Ergebnisse als im Vorjahr, im April waren die Übernachtungen geringer, da weniger Feiertage als im Vorjahr hineinfielen und der Mai und Juni brachten trotz der starken Regenfälle starke Zunahmen.

In der Sektion Fremdenverkehr der Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft glaubt man aus diesen Zahlen die Bestätigung für eine alte Theorie lesen zu können: Österreich ist für die Ausländer weniger ein Land zum Baden als ein Erholungsgebiet, in dem schlechte Witterung einen geringeren Einfluß hat als zum Beispiel in dem klassischen Badeland Italien.

Doch wie im Inländerfremdenverkehr scheint man auch bei den Ausländerübernachtungen nicht mehr weit von dem Plafond entfernt zu sein, zumindest in den beiden Hochsaisonmonaten Juli und August. Vor allem der August verzeichnet immer schwächere Zunahmen: Deutlich kann man dies an der Statistik der Übernachtungen von Bundesdeutschen ablesen. Hatten etwa 1967 im Juli nur 6,5 Millionen Deutsche (gegenüber im August 10,6 Millionen) in Österreich Urlaub gemacht, so hat sich dieses Bild inzwischen kräftig verschoben: Im Vorjahr lag der Juli mit 12,3 Millionen bereits nahe am August mit 14,9 Millionen.

Wie in jedem Jahr hat die Bundeskammer auch heuer auf Grund der ersten Haijahresergebnisse wieder eine Hochrechnung auf die zu erwartenden Ergebnisse für das gesamte Jahr durchgeführt: Danach werden bei den Inländern rund 21 Millionen Übernachtungen erwartet, was zu einer leichten Rückläufigkeit, die etwa um die 0,4 Prozent liegen könnte, führen wird. Bei den Ausländern rechnet man mit etwa 73 Millionen Ubernachtungen, was zu einer Steigerung von etwa 8 Prozent führen würde. Insgesamt werden fast 94 Millionen Übernachtungen erwartet.

Daß die Deviseneingänge heuer so viel stärker gestiegen sind, als die Übernachtungszahlen der Ausländer zugenommen haben, wird neben den gestiegenen Preisen auch auf die vermehrte Ausgabefreudigkeit der Gäste zurückgeführt. „Die Gäste sind qualitätsbewußter geworden“, deutete Sektionsobmann Kommer-zialrat Lißbauer das Mißverhältnis der Steigerungsraten.

Das nächste Jahr wird aber an Preissteigerungen im Fremdenverkehr alle bisherigen Steigerungen in den Schatten stellen: Allein die Pensionspreise werden auf Grund der Einführung der Mehrwertsteuer um etwa 8 bis 14 Prozent steigen. Andere Dienstleistungen können sogar über die 14 Prozent hinaus klettern. Das sind keine Voraussagen, sondern bereits Tatsachen, denn die Preise für das nächste Jahr sind ja bereits seit mehreren Wochen bei den Reisebüros eingelangt, die nun ihrerseits kalkulieren müssen. Welche Auswirkungen diese Preissteigerungen auf die Konkurrenzfähigkeit des österreichischen Fremdenverkehrs und damit auf die Übernachtungszahlen haben werden, bleibt offen.

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