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Bewölkt und trotzdem heiter?

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Die Fremden kommen, auch wenn schon Erich Kästner 1937 in „Der kleine Grenzverkehr” meinte, „im August regnet es in Salzburg täglich”.

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Die Fremden kommen, auch wenn schon Erich Kästner 1937 in „Der kleine Grenzverkehr” meinte, „im August regnet es in Salzburg täglich”.

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Christian Piller, der Direktor der Fremdenverkehrsbetriebe der Stadt, über die Situation des Fremdenverkehrs in Salzburg: „1994 brachte das Ende der Talfahrt. Die schweren Konjunktur-Einbrüche der Jahre 1992/93 konnten aufgefangen werden.” Städte-Kurzreisen seien oft der Dritt- oder Vierturlaub, und würden am schnellsten gestrichen, meinte Piller gegenüber der furche. Im Vorjahr habe sich die Situation etwas stabilisiert: „Die Übemach-tungszahlen sind leicht gestiegen. Der durchschnittliche Umsatz war aber noch nicht zufriedenstellend.”

Immerhin sei man, so Piller, im Vorjahr mit 1,7 Millionen Nächtigungen den Ergebnissen der „Traumjahre” 1990/91 (mit 1,9 bis zwei Millionen Übernachtungen in der Stadt) wieder recht nahe gekommen: „1991 war das Mozartjahr. 1990 war das Jahr der Ost-Öffnung und außerdem ein ,Oberammergau-Jahr'”, erklärte Piller. Die dortigen Passions-Spiele brächten große Besuchsströme, vor allem aus den USA.

1977 wurden vom Amt für Statistik des Magistrates Salzburg erstmals „touristische” Zahlen erhoben: 1,427.385 Übernachtungen wurden gezählt. An erster Stelle standen Besucher aus der damaligen BRD mit einem Anteil von 303.076 Übernachtungen. Im Jahr 1985 wurden 1,630.036 Übernachtungen (Zuwachs seit 1984: plus 0,8 Prozent) gezählt; 1990 1,946.478 (Zuwachs seit 1989: plus 7,8 Prozent).

Allein 64,4 Prozent aller Übernachtungen entfielen im Vorjahr auf das Inland, Deutschland, die USA und Italien. 77.640 Japanerinnen und Japaner übernachteten 1994 in der Mozartstadt. Das waren um 13,1 Prozent mehr als 1993. Direktor Piller wünscht sich, daß das Japan-Geschäft weiterhin so blühe.

Wie sind nun die Aussichten für 1995? Die Zahlen für das erste Quartal lägen in Kürze vor, isagte Christian Piller im FlJRCHK-Gespräch. Zu erwarten sei ein „Plus-Minus-Null”-Abschluß. In das weitere Jahr setzt er keine allzugroßen Erwartungen. Die Währungssituation in den wichtigen Herkunftsländern Italien, Spanien und Amerika sei sehr schlecht, die Kursverluste seien groß: „Ich rechne mit keiner Steigerung bei den Übernachtungen. Die Aussichten sind nicht sonnig.”

Ist in der Stadt Salzburg Wachstum im Fremdenverkehr überhaupt noch möglich? „Ja, wir haben den Plafond noch nicht erreicht. Die Hotelkapazitäten könnten in Salzburg noch besser ausgelastet werden.” Durch immer neue Angebote und Bemühungen auf neuen Märkten könne die Nachfrage konstant gehalten werden, erklärte Piller. Am 28. April sei der erste Charterflug aus Spanien mit 170 Personen in Salzburg gelandet. „Wir hoffen auf den Beginn eines Spanien-Charter-Tourismus, obwohl die Peseta zur Zeit um 20 Prozent weniger wert ist als im Vorjahr.” Die Stadt profitiere so von den günstigen Flugpreisen, dem „Feind” Nummer eins für den Erholungstourismus auf dem Land: „Durch das Kultur-, Kongreß- und Tagungsangebot stellen der Preiskampf durch die Reiseveranstalter und die Billigangebote bei Flug- und Fernreisen für den Städte-Tourismus keine so direkte Konkurrenz dar, wie für den Erholungstourismus auf dem Land.”

Besser als Salzburg ginge es durch den Kongreß- und Tagungstourismus der Bundeshauptstadt: „Wien erlebte heuer den besten März, seit es die statistischen Erhebungen gibt”, so Piller, nicht ganz ohne Neid. Zusätzlich zum Kongreßgeschäft profitiere Wien von einer Verlagerung der Reise-Ströme nach Wien, Prag und Budapest.

Zu den neuen Angeboten der Saison 1995 zählt Piller den ersten „Internationalen Chorwettbewerb” Ende Juni („Davon erhoffen wir uns eine schöne Auslastung”) oder die

Einführung einer neuen „Salzburg Karte” mit dem 1. Juli: „Diese 24-, 48- oder 72-Stundenkarte gilt als Eintrittskarte für Sehenswürdigkeiten der Stadt.” Weiters können damit Attraktionen in der Umgebung (etwa das Salzburger Freilichtmuseum Großgmain, die Untersbergbahn oder das Salzbergwerk Hallein) zu günstigeren Preisen besucht werden. Piller: „Wir hoffen, daß durch diese Karte die durchschnittliche Aufenthaltsdauer länger wird. Auch glauben wir, daß wir mit dieser Dauerkarte den Partnern in den Reisebüros ein attraktives Marketing-Instrument in die Hand geben.”

Mozartwoche, Osterfestspiele, Pnngstkonzerte, Sommerfestspiele, Kulturtage und Adventsingen ergeben mit dem „normalen” Theater-und Konzertangebot der Stadt (Landestheater, Kulturvereinigung, Kleines Theater, Elisabeth-Bühne, Szene ...) ein anziehungsstarkes kulturelles Angebot das ganze Jahr über, das ergänzt wird von angesehenen wissenschaftlichen Tagungen wie den „Fixpunkten” „Salzburger Hochschulwochen”, „Internationale Pädagogische Werktagung” oder den „Salzburger Humanismus-Gesprächen”.

Was sagen die Salzburger zu den kaum versiegenden Menschen-strömen? Dazu Direktor Piller: „In einer Umfrage gaben 80 Prozent der Salzburgerinnen und Salzburger an, daß ihnen die Bedeutung des Fremdenverkehrs für die Wirtschaft der Stadt bewußt sei. 70 Prozent gaben aber auch an, daß sie sich von den Touristen gestört fühlten. Eine Alternative wäre, aus Salzburg eine Industriestadt zu machen. Aber da sind den Einheimischen doch die Touristen lieber.” Tatsächlich stellten, so Piller, die vielen Tages-Tou-risten ein Problem dar: Die Besuchs-qualität sinke, es komme zu Engpässen bei den Sehenswürdigkeiten.

Immerhin liegen drei der zehn meistbesuchten Sehenswürdigkeiten des Bundeslandes Salzburg in der Stadt Salzburg: Im Jahr 1993 stürmten 858.600 Menschen die „Festung Hohensalzburg”, 400.200 drängten sich in „Mozarts Geburtshaus” (fünfter Platz) und 300.000 im „Haus der Natur” (siebenter Platz).

An erster Stelle des Besucher-Interesses lag die „Großglockner Hochalpenstraße”: 1,062.000 Besucher schlängelten sich über die faszinierenden 48 Kilometer zwischen Bruck und Heiligenblut. Den dritten Platz der Hitparade belegten die einzigartigen „Krimmler Wasserfälle”, mit gezählten 649.000 Naturfreunden. 513.900 Gäste beanspruchten die Dienste der „Wolfgangsee-Schiffahrt”, 271.000 ließen sich mit der Zahnradbahn auf den „Schafberg” befördern. 190.000 Gäste stiegen in die Tiefe der „Eisriesenwelt”. Weitere Attraktionen: die Festung Ho-henwerfen, das Tauern kraftwerk Kaprun und die Lichtensteinklamm bei St. Johann im Pongau.

Im zweiten mageren Jahr

In der Hauptsaison 1994 (Juli/August) wurden im Bundesland Salzburg 6,357.282 Übernachtungen gezählt. Die Gesamtübernachtungszahl übersteigt mit 23,745.442 im vergangenen Jahr alle Vorstellungen. Verglichen mit 1993 bedeutet dies dennoch einen Nächtigungs-Rückgang um 1,199.953 beziehungsweise minus 4,80 Prozent

Martin Uitz, Geschäftsführer der „Salzburger Land Tourismus Gesellschaft”, faßt zusammen: „Wir haben die sieben fetten Jahre hinter uns.

Wir befinden uns im zweiten mageren Jahr und hoffen, daß es nicht sieben magere Jahre werden.” Gründe für den Rückgang seit 1993 (nach einer konstanten Aufwärtsentwicklung ab 1986), sieht er nicht in der Struktur des heimischen Fremdenverkehrs, sondern in der Währungsund Steuerpolitik: „Ursache dabei aber ist nicht die Hartwährungspolitik Österreichs, sondern die Weichwährungspolitik der Mitbewerber.”

Weitere Probleme plagen, so Uitz, den heimischen Fremdenverkehr „durch ein Nicht-Erfüllen von EU-Versprechen”: „Steuergleichheit ist nicht gegeben. Unsere Wirtschaft wird diskriminiert durch Steuern, die es entweder nur bei uns gibt oder die bei uns so hoch sind wie in keinem anderen europäischen Fremdenverkehrsland.” Beispiele seien die Getränke-, Bier- und Schaumweinsteuer, sowie die Besteuerung der Arbeitskraft: „Die Unternehmer werden dafür bestraft, daß sie Arbeitsplätze schaffen. Die Lohnkosten sind stärker gestiegen als alle anderen.”

Uitz betont: „Die Österreicher haben uns in den letzten Jahren am stärksten di^ Treue gehalten. Salzburg ist der Österreicher liebstes Urlaubsbundesland.” (5,534.796 Inländer kamen 1994 in das Bundesland Salzburg. Das ist nur ein Prozent we-/niger als 1993. Da waren es 5,590.072). Die Fremdenverkehrswerbung (Bergwandern, Radurlaub ...) trage diesem Umstand Rechnung. „Durch die große Konkurrenz ist> heuer die Preisdisziplin vermutlich besonders groß. Dadurch erwachsen den Gästen vielleicht sogar Vorteile und sie werden für ihre ,Treue' belohnt.”

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