Die Republik der Sackerlträger

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Das Wiener Wirtshaus ist in seiner klassisch verpofelten Ausführung zwar kein Ort der Fein-, aber immerhin der Reinkultur. Dorthin sollten in diesen Tagen einige Vertreter der regierenden Parteien ihren Schritt lenken. Denn der Stammtisch beginnt zurzeit schon nach dem – geschätzt – zweiten Achterl seinem rhetorischen Siedepunkt entgegenzuwallen. Es geht, um wen denn sonst, den Haider Jörg und sein Vermögen in Liechtenstein. Dabei ist gar nicht wichtig, ob der eine am Tische die „Anschüttung“ gegen den Jörg bejammert oder ein anderer den Kopf wiegt: „Na, i waaß net.“ Es geht um die Synthese aus Vorwurf und Verteidigung. Und die lautet: „Aber wenn schon der Haider, was werden dann erst die anderen einstreifen.“

Das misstrauische Volk

Das Volk, es misstraut der Politik ganz umfassend, und ÖVP wie SPÖ bekommen gleichermaßen den Flurschaden der Haider’schen Millionendämmerung ab. Die Welt ist ungerecht, könnten die Parteizentralen jammern. Stimmt. Aber auf den zweiten Blick ist sie äußerst gerecht. Erinnern wir uns an die zahllosen Diskussionen über die Transparenz von Parteispenden. Jede Bundesregierung der vergangenen 50 Jahre, ob rot, rot-schwarz, schwarz-blau-orange schaffte es, das Thema nach allen Regeln der Kunst abzuwürgen.

Und fast schien es diesmal wieder so zu laufen. Denn noch in der Vorwoche wäre das Argument zum Erfolge gekommen, Parteispenden seien ja keine Leistungen des Staates an ein Individuum. Tatsächlich sind sie das nicht. Zarte Nachfrage: Na und? Es geht hier doch nicht um die Frage: Ich zeig dir meins und du mir deins.

Es geht um eine Grundfrage des Vertrauens zwischen Bürger und dem von ihm gewählten politischen Mandatar. Diese Frage heißt: Bist du unbestechlich in deinem Dienst am öffentlichen Interesse oder lässt du dich schmieren und erweist dem Meistzahlenden Dienste und Auftragsvorteile? Die Beantwortung dieser Frage wird in diesem Land seit Generationen verhindert. Nun also soll alles anders werden. Zwei Tage Haider-Millionen haben gereicht, um den Groschen nach so vielen Jahren fallen zu lassen. Wer glaubt’s?

Und nun wird alles anders?

Man darf getrost damit rechnen, dass ein solches Gesetz bis zur Stunde seines Inkrafttretens in einen Zustand verwandelt wird, in dem die lichte Transparenz von einem dicken Grauschleier überzogen ist. Das zeigt sich schon im Ansatz: 7.000 Euro sind als Grenze für die Spendentransparenz im Gespräch. Warum das? Man sollte annehmen, dass Computer des Jahres 2010 imstande sind, jeden Spenden-Euro samt Spender zu registrieren und automatisch über Internet zu veröffentlichen. Eine Obergrenze wie jene von 7.000 Euro, das wittert der leidgeprüfte Realist, führt ja bloß dazu, dass es dann eben anonymisierte Mehrfachtranchen in Höhe von 6.999 Euro gibt.

Die Transparenzverweigerung ist auch deshalb ärgerlich, weil die Parteien zusätzlich von der öffentlichen Hand eifrigst kassieren. Über 140 Millionen Euro bezahlte der Staat 2009 an direkter Parteienförderung – eine Steigerung gegenüber 1980 von über 500 Prozent. Damit bekommen die hiesigen Parteien zehnmal mehr vom Staat als als jene in Deutschland.

Würden sie es ernst meinen, müssten sich die Parteien eine Veröffentlichung aller Spenden und eine transparente Bilanzlegung verordnen. Denn nichts von den derzeit diskutierten Maßnahmen verhindert das System „Geldübergabe im Plastiksackerl“ durch geneigte Wirtschaftsmagnaten, welches seit Jahr und Tag die Politik korrumpiert.

Gefragt ist deshalb nichts weniger als die gläserne Partei. Das hätte auch den Nutzen, den Führern der Fleißigen und Tüchtigen den Wind aus den Segeln nehmen. Es wäre jedenfalls effizienter, als darauf zu hoffen, dass ihre Saubermann-Reputation irgendwann auf der Payroll notorischer Diktatoren aus Arabien verglüht.

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