Misstöne statt Klangwolke

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Streit um den geplanten Bau des Musiktheaters Linz: Die FPÖ und die "Kronen Zeitung" haben eine Kampagne gegen das kulturelle Aushängeschild entfesselt.

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Streit um den geplanten Bau des Musiktheaters Linz: Die FPÖ und die "Kronen Zeitung" haben eine Kampagne gegen das kulturelle Aushängeschild entfesselt.

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Der 13. August war für Landeshauptmann Josef Pühringer ein schlechter Tag: "Bau der Oper macht drei Hausbesitzer reich!" Diese Schlagzeile im Lokalteil der oberösterreichischen Kronen-Zeitung sprang dem ÖVP-Politiker am Tag des Herrn in Riesenlettern ins Auge. Dabei waren schon die "700.000 Schilling täglich fürs Musiktheater!", die FPÖ-Landesrat Hans Achatz zwei Tage zuvor in der kleinformatigen Zeitung ausgerechnet hatte, starker Tobak. Auch die Schlagzeile "Gutes Geschäft mit Opern-Idee" - Firma verkaufte ,Theater im Berg' als Patent teuer an das Land" ist nicht von schlechten Eltern - als ob es das in den Mönchsberg gebaute Festspielhaus in Salzburg nicht gäbe.

Die oberösterreichische FPÖ und die oberösterreichische "Krone" haben eine Kampagne gegen den geplanten Bau eines Musiktheaters im Linzer Schlossberg entfesselt. Seit einem Jahr sammelt der oberösterreichische FPÖ-Chef Achatz Unterschriften für eine Volksbefragung gegen das von Landeshauptmann Pühringer forcierte Projekt. Das Ziel: Dem kulturpolitischen Musterprojekt an der Donau soll der Garaus gemacht werden. Ein einzigartiger architektonischer Wurf, als Symbol der Kultur und Musikbegeisterung eines wirtschaftlich potenten Landes weit über die Fluten der Donau leuchtend, soll einer Sparefroh-Ersatzvariante weichen. Die Motivation dafür liegt auf der Hand: Achatz möchte sich als Anwalt des "Kleinen Mannes" profilieren.

Nach zähem Ringen hat die FPÖ die 38.000 Unterschriften zusammengebracht, die zu einer Volksbefragung nötig sind. Der genaue Termin wird Mitte September fixiert, Ende November werden die Oberösterreicher landesweit abstimmen.

Die ÖVP setzt inzwischen auf Überzeugungsarbeit. "Bei der Volksbefragung geht es nicht nur um das Musiktheater, sondern darum, ob die Bürgerinnen und Bürger unserem Bundesland eine Punze der Unkultur beifügen oder ein Signal für Oberösterreich als Land der geistigen Weite setzen", appelliert Landeshauptmann Pühringer an die Vernunft und Kultur seiner Landsleute.

Die Verwirklichung des Projekts würde sich jedenfalls auszahlen: "Das Licht aus dem Foyer wird in die Nacht leuchten, jeder Bürger wird das Kommen und Gehen der Besucher nach außen hin spüren. Wer in der Pause über die Promenade an der Donau flaniert, wird sich unter das festlich gekleidete Publikum auf der Terrasse mischen und täglich übers Theater spazieren können." So schildert Architekt Otto Häuselmayer den Bau, den er in einem eleganten Schwung in die Landschaft um die leichte, reizvolle Flussbiegung komponiert hat. Aus dem ansteigenden Berg heraus soll der neue Musiktempel wachsen. Gut erschlossen vom Treppelweg am Donauufer, könnte das "Theater zum Fluss" hinter dem aus privaten Spenden errichteten "Museum Lentos" zu einer Perle am Linzer Kulturboulevard werden: Mit dem Schlossmuseum durch die Garage verbunden ließe es sich per pedes über den Hauptplatz bis zum Landestheater promenieren.

"So was baut man nur einmal im Leben", freut sich Häuselmayer, der dank seiner sensiblen Reaktion auf die Lage zwischen Berg und Flusslauf in einem EU-weit ausgeschriebenen Wettbewerb unter 154 Teilnehmern den ersten Preis gewonnen hat. Sein ganzes Büro ist momentan auf Musik eingestellt, gemeinsam fuhr man nach Bayreuth, um sich akustisches Know-how zu holen. "Im Theaterraum soll man spüren, wie Musikinstrumente Raum schaffen", sagt der Architekt, den die Aussicht, für das Linzer Bruckner-Orchesters ideale Räume mit philharmonischer Tonqualität zu schaffen, in denen rund 1.000 Besucher ergriffen lauschen können, beflügelt. Ein riesiger Bühnenraum von einer Grundfläche von 34 Metern im Quadrat und einer Höhe von 45 Metern wird mit einer Unterbühne in den Berg gestemmt. Eine Studiobühne soll für kleinere Veranstaltungen geschaffen werden.

Der bevorstehende Kampf gegen den hochdichten Gneis des Berges, der im geschlossenen Abtrag kavernenartig ausgehöhlt werden soll, hat nun die Skeptiker in der FPÖ und der "Krone" auf den Plan gerufen. Ein Architekt namens Rudolf Klappert äußert sich per Leserbrief: "Ich, als Stammgast des Brucknerhauses, neige der Meinung zu, dass die aufstrebende Kulturstadt Linz ein Opernhaus brauchen könnte. Wofür ich nicht das geringste Verständnis aufbringe, ist der Standort: in einem Berg! Für mich ist dieser nichts als frivoler Größenwahn. Es gibt, wie beim Brucknerhaus, einen logischen Ort für eine Oper, aber nicht einen mit Hunderten Sprengungen in das Mühlviertler Urgestein gehauenen."

Plötzlich "dubios" In mehreren Gutachterverfahren wurde der Standort Schlossberg als der eindeutig beste beurteilt. Doch selbst die erteilte Baugenehmigung für das Musiktheater wird von Gegnern als "dubios" eingestuft. Obwohl das Projekt so, wie es eingereicht wurde, genehmigt wurde. "Die Anliegen der betroffenen Nachbarn wurden alle berücksichtigt", erklärt Abteilungsleiter Wolfgang Schlögl. Der Landeshauptmann verweist auf Einspruchsmöglichkeiten, die abzuwarten sind, damit die Baugenehmigung rechtskräftig wird. Vor der Volksbefragung bleibt vorläufig jeder Fels auf dem anderen.

Sinneswandel Die massiven Angriffe auf das Opernprojekt sind erstaunlich, fällten doch 1992 alle Parteien einen Grundsatzbeschluss für den Bau. Unter Langzeit-Landeshauptmann Josef Ratzenböck hatte die FPÖ noch auf ein Musiktheater gedrängt, bis 1990 zeigte sich der heutige Initiator der Volksbefragung, Landesrat Achatz als vehementer Verfechter der Kunst: "Kultur kostet nicht nur, Kultur bringt auch einiges" oder: "Es soll möglich werden, ein Musiktheater gegenüber dem Brucknerhaus zu errichten. Wir sollten diese Chance für die nächsten 200 Jahre für Oberösterreich nicht verspielen", befand er. Auch sein Parteikollege, der dritte Landtagspräsident Manfred Bodingbauer, gab sich 1992 kulturbeflissen: "Obwohl wir über die Kosten einigermaßen Bescheid wissen, kann es sich ein so reiches Bundesland wie Oberösterreich nicht leisten, auf eine moderne und funktionsfähige Spielstätte zu verzichten."

Nach der Wandlung der FPÖ von der Kultur- zur Partei des "kleinen Mannes" sieht man die Causa heute dramatisch anders. Wirklich massiv werden die Angriffe, wenn es um die Kosten des Neubaus geht. Die "700.000 Schilling täglich fürs Musiktheater", vor denen die Oberösterreich-"Krone" warnt, hat FPÖ-Landesrat Achatz errechnet. "Ist uns das die Linzer Oper wert?" lautet die Kernfrage seines Volksbegehrens. "Wir sind nicht gegen die Kultur, aber gegen Verschwendungspolitik", erläutert Achatz. Er möchte alle Oberösterreicher in "gelebter Demokratie" entscheiden lassen, "ob sie künftig pro Tag 700.000 Schilling fürs Defizit bezahlen wollen." Obwohl inzwischen auch die Gegner mit scharfen verbalen Geschützen schießen und Achatz laut "Krone" als "Populist, Kulturbanause und Musikantenstadel-Politiker" bezeichnen, setzt er seine "Initiative, den Musiktheaterbau sachlich zu hinterfragen, fort."

Die "gelebte Demokratie" bereitet Architekt Häuselmayer - und nicht nur ihm - Herzklopfen: "Da wird eine landesweite Volksbefragung erzwungen. In Linz ist die Zustimmung zum Projekt sicher hoch, aber im Hausruck, im Mühlviertel oder sonst wo in der Region kann man wirklich nicht sicher sein."

"Es geht nicht um eine "Prestige-Oper", sondern um die ökonomischste Form eines zukünftigen neuen Landestheaters," weist Pühringer den Verdacht, mit Steuergeldern locker umzugehen, von sich. Die 1992 veranschlagten Kosten des Neubaus würden keinesfalls überschritten, mit der Indexanpassung hält man bei 1,54 Milliarden Schilling. Und auch Architekt Häuselmayer betont, denKostenrahmen sehr ernst genommen zu haben.

Bedenkt man, dass das Land Oberösterreich in den nächsten fünf bis sechs Jahren unter anderem ein Investitionsvolumen von etwa 91 Milliarden Schilling in den Straßenbau, je 2,9 Milliarden in eine neue Landesnervenklinik in Linz und in ein Krankenhaus in Vöcklabruck steckt, erscheinen die Kosten für das Musiktheater direkt bescheiden. Insgesamt fließen rund zwei Prozent der 91 Milliarden in die Kultur.

Doch die Kronen Zeitung beharrt auf finanziellen "Argumenten": "Land Oberösterreich zahlte überhöhte Grundstückspreise von 17.700 bis 31.400 Schilling je Quadratmeter - Bau der Oper macht drei Hausbesitzer reich!", steht da zu lesen. "Wert: 7 Millionen, Preis: 17 Millionen Schilling", rechnet der Bildtext zu einer für den Opernbau abgerissenen Tankstelle vor. Die beiden anderen Liegenschaften sind genauso dargestellt. "Von der Goldgrube zur Opern-Baugrube", lautet der sarkastische Kommentar zu einem Foto der Donaulände, auf dem die so teuer zum Abriss erkauften Objekte zu sehen sind.

Bei der ÖVP gibt man zu, "knapp über dem Verkehrswert bezahlt" zu haben, die Sachverhaltsdarstellung in der "Krone" sei übertrieben. Aufgrund der Toplage im Stadtzentrum wären die Grundstücke teurer zu bewerten. Die Grundbesitzer wussten auch, dass man für den Musiktheaterneubau auf die Flächen angewiesen war. Den alternativen Schritt einer Enteignung hatte man zwar erwogen, erfahrungsgemäß ist dabei meist mehr zu zahlen als ein überhöhter Grundstückspreis. Die Grundsatzentscheidung zum Kauf ist mehrheitlich durch einen Regierungsbeschluss abgedeckt.

Falsche Rechnungen Auch die vom Kleinformat herbeigeschriebene Kostenexplosionen auf 2,2 Milliarden Schilling erweist sich als nicht hieb- und stichfest. Die ÖVP hat eine schlüssige Argumentation parat, wie die "Krone" sich um fast 700 Millionen verschätzen konnte. Das Blatt hatte die Umsatzsteuer dazugerechnet, die beim Konstrukt einer Bauholding nicht mehr anfällt, außerdem würde die Garage, die sich gleichfalls in die explodierenden Kosten reiht, von einem privaten Betreiber errichtet.

Trotz aller Anfeindungen steht Landeshauptmann Pühringer zum Linzer Musiktheater, das ein Wahrzeichen werden soll: "So wie beim Brucknerhaus in weit schwierigeren Zeiten die verantwortlichen Politiker eine mutige Entscheidung getroffen haben, die sich als richtig und wichtig für Oberösterreich und Linz herausgestellt hat, werden wir dies auch beim Musiktheater tun - in wirtschaftlich weit besseren Zeiten."

"Es geht nicht um Protz und Prunk für Reiche. Oberösterreich braucht dieses Projekt - ein funktionstüchtiges Landestheater für den musikalischen Bereich, das gerade sozial Schwächere mit unserer Kultur versorgt", meinen Gerda und Gerhard Ritschel. Die beiden haben sogar einen Verein gegründet: "Freunde des Linzer Musiktheaters" heißt er. "Wenn die FPÖ mit ihrer Kampagne Erfolg hat, entzieht sie das Haus denen, die nicht das Geld haben, zu den Salzburger Festspielen oder nach Wien zu fahren," argumentieren sie. Gerade die sollten die Möglichkeit haben, das Bruckner Orchester unter Dennis Russell Davies zu hören und die Architektenvision zu erleben: "Dort, wo das Theater den Berg verlässt, im Prosceniumbereich, soll der Funke überspringen!"

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