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Das Schicksal der katholischen Bibelwissenschaftler war in den letzten Jahrzehnten wechselvoll. Vor dem II. Vatikanischen Konzil hatten bekannte Exegeten wegen neuer Methoden in ihrer Arbeit Vorle- sungs- oder Schreibeverbot.

Durch das Konzil, besonders durch die Dogmatische Konstitution „Über die göttliche Offenbarung“, wurde vieles, was vorher „verdächtigt“ worden war, den Biblikern sogar zur Pflicht gemacht: zum Beispiel die sorgfältige Beachtung der Aussageabsicht der biblischen Schriftsteller, die Unterscheidung der literarischen Gattungen der Schriften, die In- • terpretation der Einzeltexte im Blick auf die Gesamtausgabe der Bibel. Den Exegeten wurde die Aufgabe zugeschrieben, durch ihre Wissenschaft das Urteil der Gesamtkirche vorzubereiten. Die Bibel wurde zum Fundament der Theologie erklärt, die Schrift zusammen mit der Überlieferung zur Richtschnur des Glaubens.

In den letzten Jahren wuchs dennoch wieder die Kritik an solcher Art von Exegese. Man unterstellte, es ginge modernen Biblikern mehr um Methoden als um das Wort Gottes. Theologische Lehranstalten in den ehemaligen Oststaaten warnte man vor dieser „westlichen“ Exegese.

Selbst offizielle römische Dokumente erweckten manchmal den Eindruck, die Heilige Schrift werde noch immer nicht als „Fundament“ der Theologie und „Richtschnur“ des Glaubens verwendet.

Nun hat die Päpstliche Bibelkommission in einem Dokument die Grundsätze der „Interpretation der Bibel in der Kirche“ zusammengefaßt. Kardinal Ratzin- ger hat diese Schrift dem Papst übergeben, dieser hat Verfasser und Inhalt höchst gelobt. Diese „ausgezeichnete“ Arbeit sei eine unerläßliche Hilfe für die weitere Forschung, für die Arbeit in Theologie und Liturgie, von hoher Bedeutung für die Ökumene und das Gespräch mit den Juden.

Die moderne Exegese ist damit offiziell gerechtfertigt. Das Dokument fordert dazu heraus, künftig in eben dieser Form mit der Bibel umzugehen. Und keine theologische Lehranstalt, will sie im Sinne der Kirche arbeiten, hat nun mehr die Wahl, in welcher Art von Exegese sie ihre Studenten unterweist.

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