Prächtige Gottesknäblein

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In der Innsbrucker Hofburg hat sich "das himmlische Tor eröffnet": Jesus-Bambini aus drei Jahrhunderten.

Es ist eine sehr berührende Weihnachtsausstellung, die noch bis 31. Jänner 2005 im Foyer und in den Tiefen des Barockkellers der Innsbrucker Hofburg mit einer besinnlichen Schau zum Rückblick in die eigene Kinderzeit einlädt. Mehr als 100 der schönsten Figurendarstellungen des Jesuskindes aus der "Sammlung Hiky Mayr" - wohl die bedeutendste Kollektion dieses Themas in Europa - sind in die geschichtsträchtigen Räumlichkeiten am Fuße der verschneiten Nordkette eingezogen. Sie "kugelen ganz haufenweis" als kleine Nackedeis oder prächtig gewandete Gottesknäblein, als drollig schlummernde Wickelkinder, als Passionskinder, Heilige Puppen und so weiter aus reizenden Paradiesgärtlein, allerlei Glaskästchen, edlen Vitrinen oder bestickten Samtpölstern hervor: Kinder aus Holz, Wachs, Ton, Papiermaché, Perlmutt in unterschiedlichsten Typen und Maßen! Diese Jesus-Bambini tauchen das sonst so würdevoll dreinblickende Hofburg-Innere in frohes, weihnachtliches Licht, so dass es einem richtig warm ums Herz wird.

Liebe einer Sammlerin

Den Anfang ihres "Christkindl-Reigens" machte, wie die leidenschaftliche Flohmarkt-Jägerin Hiky Mayr erzählt, ein kleiner Jesusknabe, dessen nackte Beinchen unter einem Berg von Kupfertöpfen hervorlugten. Sie zog den malträtierten Buben hervor: Es war Liebe auf den ersten Blick, Liebe ohne Ende. Bis heute.

Die Wahl-Italienerin aus München hat daraufhin mit viel Entdeckerfreude, Kennerschaft und Liebe auf Antiquitätenmärkten, im Handel und zuweilen aus privater Hand 30 Jahre lang ausschließlich in Italien ihre Bambini Gesù mit sicherem Blick zusammengetragen, sodass die Kollektion mittlerweile an die 300 Figuren und Figurengruppen heranreicht. In manchen Fällen handelt es sich bei den reizvollen Exponaten zwar weniger um ausgesprochene Kunstwerke als vielmehr um liebevoll gestaltete Skulpturen von volkstümlich-künstlerischem Anspruch mit tiefer Beziehung zu Geschichte, Religiosität und Christusverehrung.

Nackten Jesus bekleidet

Hiky Mayr und ihre Prachtstücke blicken auf "Jesuskinder der letzten drei Jahrhunderte" zurück, jedoch haben diese Sakral-Puppen eine noch längere Tradition. Man weiß zum Beispiel, dass die Florentinerin Costanza Benzi, laut Aussteuerinventar, schon 1518 auf ihrem Weg in ein hoffentlich fruchtbares Ehebett sicherheitshalber die Rundplastik eines Gotteskindes mit sich führte, während die ins Kloster eingebürgerten Bambino-Statuetten junge Nonnen wohl über entsagte Mutterschaft hinwegtrösten sollten.

Die Renaissance trug die Christkind-Verehrung in die Bürgerhäuser und ins Privatleben; ihren Höhepunkt erlangte sie im gesamten katholischen Europa zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert, was zu einer Steigerung des realistischen Ausdrucks und zu kostbarer originaler Bekleidung der Skulpturen führte. Die Klöster allerdings waren und blieben wichtigste Heimstätten der Jesusfiguren, da diese ja vor allem dort samt ihrer exklusiven Kleiderkollektion hergestellt wurden.

In der Hofburg zu Innsbruck flaniert der Besucher bald wie verzaubert durch die Schar der Göttlichen Kinder, die von einer schier überirdischen Ausstrahlung umgeben scheinen. Die mollige Nacktheit des kleinen Jesus, durch Mehrfarbigkeit, Seiden- oder Pflanzenfaserhaare zu großer Wirklichkeitsnähe gelangt, hatte zur Folge, dass sich die Gläubigen nicht nur seiner Menschwerdung, sondern auch verstärkt der eigenen Aufgabe bewusst wurden, ihn mit Hingabe einzukleiden. Und tatsächlich! - gleich dort drüben in der Halle segnet ein "Kleiner König", den Körper über Eisendraht gepolstert, in glitzerndem Tüll und besticktem Bordeauxsamt die höchst beeindruckten Vorbeigehenden! Strahlenkranz oder Krone zieren sein Lockenköpfchen aus Echthaar; Zepter und Erdkugel schwenkt er als seine Insignien. Im Garten Eden daneben schläft ein wächsernes Kind genüsslich in seinem Kleid aus elfenbeinfarbener Seide, während süditalienische Fatschen-Bambini allein ihr Strahlenköpfchen mit den schelmisch blitzenden Glasaugen aus den kostbaren Wickelbändern herausstrecken dürfen.

Herkunft bescheinigt

Wie traurig wirken dagegen die verloren dastehenden Passionskinder aus Holz an der Geißelsäule, die Händchen hilflos um die Dornenkrone geklammert! Da scheint uns das auf spitzengesäumten Kissen ruhende Christuskind aus Perlmutt - obwohl von den Leidenssymbolen umgeben - doch wesentlich glücklicher dran zu sein. Dies umso mehr, als ihm eine Urkunde beiliegt, die sogar seine hochgeborene Herkunft aus Bethlehem, 1836, absichert. Dies alles und viel mehr gibt es zu schauen, bis man in der Hofburg alle Gotteskinder-Kostbarkeiten entdeckt hat und durch sie längst vergessen geglaubte weihnachtliche Emotionen und Kindheitsträume wiedererwacht sind.

Die Sammlerin Hiky Mayr hat eine ganz besondere Beziehung zu ihren Bambini Gesù: "Männer, Frauen und Kinder haben vor ihnen auf den Knien gelegen, sie verehrt und in volkstümlicher Gläubigkeit um Erlösung und Hilfe aus den Sorgen und Nöten des irdischen Daseins gebetet."

Il Bambino Gesú

Kaiserliche Hofburg zu Innsbruck

6020 Innsbruck, Rennweg 1

Tel. 0512/587186/12

Bis 31. 1. 2005 tägl. 9-17 Uhr

hofburg.ibk@burghauptmannschaft.at

Führungen : perpedes@tirol.com

Tel. 0664/4339419

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