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Die Ewiggestrigen

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Den neuesten Film von Alain Resnais, dem Schöpfer von Filmen wie „Letztes Jahr in Marienbad“ und „Hiroshima mon amour“ könnte man leicht als etwas mißverstehen, was er nicht ist, nämlich als politischen Tendenzfilm. Womit nicht gesagt sein soll, daß der Film nicht politisch gemeint ist, daß er keine Tendenz hat. Man weiß, daß Resnais in seinen Anschauungen ein eher linksgerichteter Intellektueller ist, was sich auch in allen seinen Werken widerspiegelt. Doch dieser Streifen ist in der Hauptsache viel zu persönlich in seiner Aussage, um als Tendenzfilm klassifiziert zu werden. — Resnais analysiert hier das Schicksal eines Spaniers, der im französischen Exil lebt und von hier aus — unter der Maske des biederen Bürgers — Agitation für den kommunistischen Untergrund in Spanien betreibt. Aber nicht im Jahre 1936, wie man meinen möchte, sondern 30 Jahre später. Für diesen Diego und seine Kameraden ist die Zeit förmlich stehengeblieben: sie bewegen sich noch immer in ihren Gedankengängen von 1936 und sie handeln auch so. Und das bringt sie in einen unüberbrückbaren Gegensatz zu der Umwelt, die sich in diesen 30 Jahren weiterentwickelt hat. Auch die gleichgesinnten Jüngeren können sie nicht mehr verstehen. Der Film ist also mehr Selbstkritik, Analyse, als Tendenzstreifen. Formal ist der Streifen ebenso außergewöhnlich, wie alle anderen Werke von Resnais: Immer wieder bemerkenswert ist die stilistische Konsequenz, mit der diese Filme gemacht sind — die minutiöse Konzeption und die” exakte Durchführung in Inszenierung und Schnitt. Dazu läßt sich Resnais auch eine Reihe von effektvollen Verfremdungsmitteln einfallen, wie diesmal die optischen „Vorausblenden“, die immer wieder blitzartig eingeschnitten werden.

Hervorragend die Darsteller bis in die kleinste Rolle, zunächst natürlich Yves Montand, der die Gefūįlg dieses vom Zweifel zernagten Menschen in einer unglaublichen Skala ausdrucksmäßiger Zwischentöne spürbar macht. Sehr gut auch Ingrid Thulin und Genevieve Bujold. — Insgesamt also ein hochinteressanter Streifen, der schon rein formal außergewöhnliche Qualitäten aufzuweisen hat, aber auch durch die eigenartige Thematik, die treffende — wenn auch einseitige — Sicht der Dinge und durch die bravouröse Darstellung sehenswert wird.

Kulturnotizen

• Fernando Arrabals Einakter „Fando und Lis“ und das „Gebet“ werden im Theater „Experiment am Liechtenwerd“ ab 1. Oktober als österreichische Erstaufführung gezeigt.

• Der Maler Otto Dix erhielt den Rembrandt-Preis der Goethe-Stiftung.

• Das Wiener Aktionstheater gastiert mit Konrad Bayers und Gerhard Rühms Groteske „Sie werden mir zum Rätsel, mein Vater“ in der Schweiz.

• Heinz Stangl zeigt in der Wiener Secession ab 9. September Ölgemälde und Graphik.

• Ignazio Silone, Autor von „Brot und Wein“, hat für sein Buch „Abenteuer eines armen Christen“ den Campiello-Preis, eine der höchsten italienischen Literaturauszeichnungen, erhalten.

• Eduard Angeli zeigt ab 11. September im Internationalen Künstlerclub im Palais Palffy Ölgemälde.

• Jürgen Messensee stellt in der Galerie Würthle bis 30. September Bilder und Graphiken aus.

• Die neue Saison der österreichischen Gesellschaft für Literatur beginnt mit einem Abend „Arthur Koestler — das Gespenst in der Maschine“ (12. September) anläßlich des Erscheinens des gleichnamigen Buchs. Paul Schuster aus Bukarest liest aus seinem Roman „Fünf .Liter Zuika“ am 16. September.

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