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Akademieprofessoren stellen aus

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Die Secession, die mit staunenswerter Energie eine interessante Ausstellung der anderen folgen läßt, zeigt derzeit eine Exposition, die ausschließlich von Professoren der Wiener Akademie der bildenden Künste bestritten wird: Prof. Franz Eisner und Prof. Robin C. Andersen zeigen Zumeist Stilleben, farbig und kompositioneil bis in den letzten Pinselstrich hinein durchdacht, ausgewogen und beherrscht, eine in ihrer Art voltendete Malerei. Prof. B o e c k 1 hat sein schon längst berühmt und — was bei einem modernen Kunstwerk viel heißen will — populär gewordenes Marientryptichon und eine ganze Anzahl seiner wuchtigen Landschaften beigestellt, denen solche von Prof. P a u s e r gegenüberstehen; eine erst jüngst entstandene Vedute von Istanbul fällt ob ihrer Lockerheit und Zartheit besonders auf und steht ihrerseits in wirkungsvollem Kontrast zu der! dichten und farbsatten, sehr ruhigen österreichischen Landschaften Prof. Dobrovskys, von dessen Hand ferner zwei Frauenbildnisse stammen, die viel von der elegant-gespenstischen Manier eingebüßt haben, die Dobrovsky vor noch nicht langer Zeit seinen Damenporträts zu verleihen liebte, aber an innerem Gehalt sehr viel gewonnen haben. Scharf und wie Kristalle funkelnd, wie unter geschliffenem Glas liegend, die Bilder Prof. G ü t e r s-1 o h s, in denen die Welt gleichsam durch eine Lupe betrachtet erscheint; ausdrucksvolle Porträtköpfe Prof. Santi fallers und die ruhige und fast lyrische „Komposition“ Prof, Wotrubas geben der Ausstellung die pla-stisdien Akzente.

Von Trockenheit oder schalem „Akademismus“ ist in dieser Schau der Akademieprofessoren nichts, aber auch schon gar nichts zu bemerken; es herrscht innere Zusammengehörigkeit, es fehlt aber selbst die kleinste Spur eines langweiligen und unerfreulichen Uniformismus, der Kunstschulen zu manchen Zeiten so unleidlich machte. Nichts hängt oder steht jetzt in der Secession, das nicht von meisterlichem malerischen Handwerk spräche — aber nirgends wird das Bestreben sichtbar dem Handwerksmäßigen die eigentliche künstlerische Leistung unterzuordnen, die Idee' des Bildes in einer Malmelhode oder einer Manier zu ersticken. Leben und Bewegung, hohes Können und innere Kraft zeichnen diese prachtvolle Ausstellung aus. Akademieprofes-, soren? Ja, aber zugleich eine Versammlung vielfältiger künstlerischer Temperamente, die nicht nur mit Theorien, sondern auch durch das Beispiel zu lehren wissen. Verknöchert? Nein. Extremistisch? Nein. Aber lebendige und wahre Künstler. Mit reinerem Gewissen konnte kaum jemals eine Ausstellung zum Besuch empfohlen werden.

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