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„Die“ Wienerin?

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Die groß aufgemachte Ausstellung „Die Wienerin“ im Künstlerhaus wird zweifellos Rekordbesuchsziffern aufweisen können. Mit Recht, wenn man die Fülle des hier zusammengetragenen Materials betrachtet, das zum großen Teil aus besten Wiener Museen, zum anderen Teil aus, den Ateliers zeitgenössischer Wiener Maler stammt. Nicht zu leugnen, daß hier Reizvolles und Entzückendes, große Kunstwerke und kleine Pretiositäten den Eindruck des Reichtums und des Überflusses hervorrufen. Dennoch aber sieht man in dieser Ausstellung zwar die Bilder hunderter und tausender Wienerinnen, Künstlerinnen, Aristokratinnen, einfacher Frauen oder namhafter Sportlerinnen. „Die Wienerin“ findet man nicht. Dazu hätte man doch Maria Theresia eine Koje widmen oder der Fanny Elßler, der Therese Paradeis, der Pauline Metternich oder den Schwestern Fröhlich einen eigenen kleinen Raum gönnen müssen und ihre Porträts nicht in die unendliche Menge aller anderen Bilder einreihen sollen; vielleicht wäre dann der Begriff: „die Wienerin“ klar geworden.

Daß weniger ein Mehr bedeutet hätte, wird dem Besucher im Erdgeschoß klar, in dem die Bilder der Lebenden hängen. Gewiß gibt es hier Ausgezeichnetes — wie die Bilder von Paul Meißner, Josef D o- browsky, Viktor Pi pal, Hans W u 1 z, die kleinen Holzplastiken von Erich Pie- 1 e r, deren Namen hier für viele stehen müssen. Aber daneben gibt es viel Überflüssiges, eine Unzahl von Dingen, die nichts zum Thema beizutragen haben. Im gesamten bleibt freilich auch hier der Eindruck angenehm, was weniger Leistung des Arrangements, als eben der — Wienerinnen ist, die Modell gesessen haben.

In solchem Rahmen ist gegen das Vorzeigen von Modewaren und ähnlichem sicherlich nichts einzuwenden; derlei gehört sogar dazu. Nur hätte man vielleicht doch gut getan, die Dinge voneinander schärfer zu trennen. Der erste Blick des Eintretenden hätte nicht unbedingt auf Erzeugnisse der Miederbranche fallen und zwischen Unterwäsche nicht auf jeden Fall eine vorzügliche und ernste Steinplastik als Dekorationsstück stehen müssen. Es ist anzunehmen, daß dies weniger die Besucher als die Künstler als eine Art von Taktlosigkeit empfinden werden. — Dennoch ist , was das Künstlerhaus in diesen Monaten zu bieten hat, eine lebendige Ausstellung, die vom Schema abweicht und daher trotz ihrer Fehler zu begrüßen ist.

Die beste Ausstellung der letzten Tage war zugleich auch die kleinste und am wenigsten Aufsehen erregende.— die Ausstellung von Neuerwerbungen des Graphikkabinetts der Akade mie der bildenden Künste. In dem kleinen Raum neben der Bibliothek ist eine mit Liebhaberinstinkt zusammengetragene Kollektion von Beispielen bester österreichischer Zeichenkunst zu sehen, unter denen einige vorzügliche Romako-Aquarelle und Klimt-Zeichnungen noch besonders hervorstechen: die Zeichnungen einiger junger Surrealisten sind in diesem Ensemble nicht ganz am Platze — nicht des Stils, sondern der mangelnden Qualität halber.

Die Buchhandlung „Kosmos" in der Wollzeile hat ihre Räume zwei jungen Pariser Künstlern zur Verfügung gestellt, deren vorwiegend graphische Arbeiten sich mit dem Thema „Tanz" beschäftigen, einem von der französischen Malerei seit langem gepflegten und ihr gemäßen Motiv also. Jacques Maloubier ist offensichtlich der Kräftigere und Robustere, Jean Toth der Sensiblere und Empfindsamere; aber beide sind eigentlich noch unfertig, experimentieren ziemlich wild hin und her, ohne zu einer ausgeprägten, sicheren Form zu kommen. Das hindert nicht, daß sich unter ihren Arbeiten — nicht unter den Ölbildern, wohl aber unter den Zeichnungen und Gouachen — einige flotte oder graziöse Studien befinden, die man nicht ohne Genuß betrachtet.

Aus kulturellen Vereinigungen

Kulturgemeinschaft „Der Kreis . 9. XL, 20 Uhr, Prof. Fritz Wotruba: „Moderne Skulptur.

Wiener Katholische Akademie. 7. XL, 17 Uhr, Prof. M. Girardi: „Der Graben und das Kohlmarktviertel“ (Reihe „Kulturgeschichte der Inneren Stadt); 19 Uhr, Prof. Dr. P. N. G e y e r S. V. D.: „Moderne Zeitfragen vor dem Forum der Bergpredigt“; Dr. H. Vogelsang: „Genoveva, die Tragödie weiblichen Märtyrertums“. — 8. XL, 17 Uhr, Univ.Prof. Dr. J. Gabriel: „Die drei ersten Kapitel der Genesis"; 18 Uhr, Univ.-Prof. Dr. H. Plenk : „Wachstum, Bewegung, Reiz und Reizleitung“; 19 Uhr, Doz. Dr. R. Schubert-Sol de rn: „Die Stellung des Lebens in der Welt." — 10. XL, 18 Uhr, Sondervorlesung Dr. R. H i n- d e 1: „Die Phasen der Philosophie Martin Heideggers." — 11. XL, 18 Uhr, Dr. W. B ö h m : „Victorinus“ (Reihe „Christliche Denker der Antike“).

Religionswissenschaftliche Vorträge, Katholische Akademikerseelsorge Wien. 7. XL, 19.30 Uhr, Prof. Otto Mauer (XXI., Schloßhoferstraße 11): „Liebe, Ehe, Sitte, die Veredlung der menschlichen Geschlechtsbeziehungen. — Univ.-Doz. DDr. Claus S c h e d 1 C. Ss. R. (Collegium Publicum, Universität, Philosophische Fakultät, Hörsaal 38): „Der Prophet von Nazareth“: 7. XL, 18.30 Uhr: „Grenzen des-Menschlichen“; 21. XL, 18.30 Uhr: „Jesu Gottesmysterium.“. — Prof. Otto Mauer, 8. XL, 19 Uhr (XVIIL, Pötzleinsdorfer Straße 104, Villa Mautner): „Die Bedeutung der Teilnahme der Christen an der Aktio und Passio unseres Herrn und seiner Kirche.“

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