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Perfektion des Totentanzes

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Es ist nicht so, daß der Filmthriller auf Erotik oder Kriminalität allein versessen ist. Der ausgezeichnete Verdauungsapparat des Films bewältigt auch anderes, wenn nicht alles: Kriege und Naturkatastrophen, Blut und Tränen, Aufstiege und Untergänge von Menschen, Kontinenten, Welten. Auch die Schonzeit für die intimsten und sekretesten Seiten des zweiten Weltkrieges scheint jetzt um zu sein. Die fürchterliche Menschheitskatastrophe ist, nachdem sie jahrelang mit einigem Takt bloß als Hintergrund politischer Tendenz- und Propagandafilme herangezogen wurde, nunmehr auch in ihren heikelsten und verschwiegensten Episoden „frei zur Entnahme durch den Konfektionsfilm geworden. Scham, Trauer oder auch nur Ressentiments hindern nicht mehr die Ausschlachtung der letzten Pikanterien des Krieges. Die Weltgeschichte, die „ganze Gschicht“ ist ein Reißer geworden.

Wir spüren das in dieser Filmsaison beson- des deutlich. Eine Woche ohne Kriegsfilm ist eine Rarität geworden. Si vis pacem, para bellum: wenn du den Krieg willst, dreh Filme. Dem durchsichtig zweckbedachtesten, „Rommel der Wüstenfuchs", folgte der aufrichtigste, in seiner bohrenden Fragestellung nach dem Sinn und dem „Ethos des psychologischen Phänomens „Spionage" der aufrichtigste, aufrührerischeste: „Entscheidung vor Morgengrauen". Nun präsentiert in dieser Woche Hollywood den gewandtesten, fixesten, routiniertesten, eine raffinierte Mischung von Sensation und Intimität, Härte und Sentiment, Ironie und Träne im Knopfloch: „Der Fall Cicer o“. Der Film ist nicht uninteressant im politischen Kolorit — stand ihm doch eine im ganzen wohlinformierte, in Details freilich nicht unangefochtene Dokumentenquelle zur Verfügung; wenn beispielsweise an der Behauntung des Films, daß der im Frühjahr 1944 dem deutschen Botschafter in Ankara von einem Agenten um ein hübsches Päckchen Pfundnoten verkaufte Invasionsplan der Alliierten lediglich auf die notorische Sturheit und Eitelkeit der Kaltenbrunner- Clique hin unbeachtet (!) blieb, auch nur ein Quentchen Wahrheit ist, so wäre damit eine der ungeheuerlichsten Tragipossen der Welt geschichte enthüllt. Die Darstellung des Films ist großartig, gespenstisch die Maske v. Pa- pens, ausgezeichnet die deutschen Synthron- stimmen, besonders die des Agenten Cicero. Trotz aller unheimlichen Gekonntheit matht der Film nicht warm, sondern eher frösteln. Denn es wird, hierzulande wenigstens, heute noch und wohl noch geraume Zeit manchem einen Stoß versetzen, daß die traurigen Figuren und Begebnisse, die ihn in diesen Jahren um vieles, um alles gebracht haben, schon sieben Jahre später als Bravourstaffage für fixe Fox-Faxen dienen.

In Genua verknotet sich das Schicksal eines ausländischen Totschlägers und seiner Landsmännin, einer in hoffnungsloser Ehe zerbrechenden Kellnerin. Warum sich der französisch-italienische Gemeinschaftsfilm „D i e Mauern von Malapaga“ aus der Reihe der üblichen Zwielichtfilme hebt? Vielleicht macht es die ehrgeizige Milieuschilderung, vielleicht aber auch das Ende: die Hoffnung dieser zwei Menschen, noch einmal das Ufer zu gewinnen, ist trügerisch. Es gibt für sie keine Rettung mehr. Das ist hart, aber ehrlicher als ein aufgeklebtes Happy-End.

Eine angenehme und eine unangenehme Überraschung bringt der deutsche Farbfilm „Zwei Herzen in Al t - H e i d e 1 b e r g“. Das eine: der Film ist besser, lustiger, kerniger als seine Lebzeltenaufschrift. Das andere: der Kern ist O. W. Fischer, der Burgtheater-Fischer. Den wären wir also glücklich wieder einmal los, wie die Hubschmied und Werner, Hartl und Pabst, Forst und Ucicky. Weiß Gott, warum die Leute immer über das Handelsdefizit jammern. Wir exportieren uns doch selber schon seit Jahr und Tag.

Unter dem Gesamtmotto „Das Leben, Mittelpunkt der menschlichen Forschung“ werden vom 28. Oktober bis 7. November 1952 im Auditorium maximum der Universität Wien „Internationale Festwochen des Wissenschaft-liehen Films abgehalten, die einen Querschnitt durch die wissenschaftlichen und künstlerischen Filme Eric Duviviers und seines Mitarbeiterstabes geben. Es werden vier verschiedene abendfüllende Programme in zwei aufeinanderfolgenden Wodien gezeigt. Der erste Abend (28, Oktober und 4. November) gibt einen Überblick über die Möglichkeiten des wissenschaftlichen Films, der zweite Abend (29. Oktober und 5. November) zeigt den Film im Dienste der wissenschaftlichen Forschung, der dritte Abend (30. Oktober und 6. November) bringt Filme aus dem künstlerischen und wissenschaftlichen Filmschaffen einzelner Spezialgebiete, der vierte Abend schließlich (31. Oktober und 7. November) zeigt die Psychopathologie in Kunst und Wissenschaft. Im Rahmen der letzten Veranstaltung wird der in kleinstem Fachkreis bereits gezeigte Film „Images de la folie“ (Bilder des Wahnsinns“) vorgeführt.

Aus kulturellen Vereinigungen

Gesellschaft für vergleichende Kunst!orsdiung: Vorträge im Hörsaal III des Elektrotechnischen Instituts, Wien IV, Gußhausstraße 25, soweit nicht anders angegeben, an Samstagen um 16.30 Uhr. 18. X.: Univ.-Prof. Dr. Karl Frank: .Zur Baugeschichte des Domes von St Pölten".— 25. X.: Dr Rupert Feuchtmüllert Die maurischen Einflüsse in der gotischen Architektur Spaniens“. — 8. XL: Dr. Frans Kieslinger: .Die Zeichentechnilc des jungen Holbein“. — 15. XL; Dr. Adalbert Klaar: „Die städtebaulichen Probleme bei der Anlage der Wiener Ringstraße".

Akademischer Verein „Logos": 18. X., 19.45 Uhr, P. Alfons Well: „Der scholastische Wahrheitsbegriff"..

Forum der Diskussionen (VI, Amerlingstraße 6), 21. X., 19 Uhr: „Was sagen führende Psychiater über eine richtige Lebensführung? — Können seelische und geistige Katastrophen verhindert werden?“. Ihre Teilnahme haben zugesagt: Univ.-Prof. Dr. Erwin Stransky, Univ.- Doz.- Dr. Erwin Reisner, DDr. Therese Steiner, Univ.-Ass. Dr. Erwin Ringel. Leitung: Dipl.-Bibliothekar Franz Ser. Vetter.

Wiener Katholische Akademie: 20. X., 17 Uhr, Dr. P.

Augustus ab Donazar O. C. D.: „Einführung in die spanische SpTache und Kultur". — 18 Uhr: Univ.-Prof. Dr. Stephan Hofer: „Die großen italienischen Dichter (Dante, Petrarca, Boccaccio) . — DDr. Gerhard Egger: „Deutsche Klöster des Mittelalters“ (mit Lichtbildern). — Min.-Rat Prof. Dr. , Heinrich Peter: „Persönlichkeits erziehung in katholischer Schau“. — 19 Uhr: Prof. Doktor Karl Binder: „Das Wesen der Gnade (Natur — Uber- natur — Gnade)" (Reihe: Mensch und Gnade). — Dr. Maria Delich: „Leonardo da Vincis Leben und Werk“ (Reihe: „Leonardo da Vinci"). — 21. X., 17 Uhr: Prof. Dr. Luitpold Griesser: „Einführung in die griechische Sprache und Kultur" (altgriechisch). — 18 Uhr: Hofrat Dir. Dr. Ludwig Haensel: „Wertphilosophie und Ethik". — 19 Uhr: Univ.-Prof. DDDr. Alb rt Niedermeyer: „Pa- storalmedizinische Kasuistik (Praktische Fragen der ärztlichen Ethik)". — 22. X., 17 Uhr: Univ.-Prof Doktor Otto Weinberger: „Volkswirtschaftslehre. — Staats-

bihKothekar Dr. Hans Jancik „Johannes Brahms. sein Leben und sein Werk". — 19 Uhr: Dr. Albert Mitterer: „Philosophische Gotteslehre". — 23. X.,

17 Uhr: Univ.-Prof. Monsignore Dr. Johannes Kos-

netter: „Das Zeitalter der Apostel". — Prof. Dr. Franz Kosch: „Gregor der Große" (Reihe: Große Meister der Tonkunst). — 18 Uhr: Naturphilosophisches Seminar

(Referent: Prof. Dr. Ulrich Scfaöndorfer). — 19 Uhr: Prof. Dr. Erwin Stürzl: „Die religiösen Probleme bei Graham Greene" (Reihe: „Dichtung der Gegenwart"). — Hoch- schulprof. Dekan Dr. Fritz Regler: „Strahlung und

Materie" (Reihe: Lebensweise des Einzelindividuums in seiner Beziehung zu der Umwelt). — 24. X., 17 Uhr: Univ.-Assistent Dr. Blanka Horacek: „Die Literatur der alt- und mittelhochdeutschen Zeit". — Univ.-Prof. Dr. P. Hugo Hantsdi O. S. B.: „Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika . 18 Uhr: Uniy -Doz. Dok tor Rudolf Till: „Franz Stadion" (Reihe: „Gestalter der Geschicke Österreichs"). — 19 Uhr: Univ.-Prof. Erwin Stransky: „Die psychischen Alterserscheinungen" (Reihe: „Probleme des alternden Menschen ). — 19 Uhr:

Dr. Erika Hubatschek, Innsbruck: „Lebensfragen der

Bäuerin" (Reihe: Krise des Bauerntums und des ländlichen Lebehs). — (I, Frèyung 6, I. und II. Stiege.)

Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien: 24. X., 17.30 Uhr (Universität, Hörsaal 21, Philosophische Fakultät), Prof. Dr. Emst Bernleithner: „Niederösterreich im Kartenbild der Zeiten".

Theologisches Laienjahr und Glaubensschule: Beginn der Kurse: 20. X. 1Ô52. Letzter Einschreibungstermin: 20. X. 1952, 11—13 Uhr, Wien I, Stephansplatz 3 III.

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