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Die Aufführung des 100. Psalms von Max Reger durch Günther Ramin, den Schüler des Reger-Freundes Karl Straube (von dem übrigens die Anregung zu dem Werk stammt), hatte fast die Bedeutung einer Premiere. Denn seit 1916 war Regers Opus 106 nicht mehr in Wien aufgeführt worden. Daß •ich seit Franz Schalk 35 Jahre lang niemand mehr für das Werk einsetzte, hat seine guten Gründe nicht nur in der außerordentlichen Schwierigkeit des Chorsatzes, sondern auch in der gemischten Wirkung, im nicht ganz befriedigenden Gesamteindruck, welchen diese Komposition des Großmeisters der Kontrapunktik hinterläßt. Die Verehrung für das einzigartige Gesamtwerk Regers darf un nicht hindern, festzustellen, daß in der Partitur des 100. Psalms für großen vier- bis achtstimmigen Chor, großes Orchester und Orgel zu viel des Guten und Besten geschieht. In dem gewaltigen Tongewoge mit seinen vielen chromatischen An- und Abstiegen sind zahlreiche Einzelheiten kaum mehr klar erfaßbar. Der von Ferdinand Großmann studierte Chor des Singvereins hat eine geradezu heroische Leistung vollbracht. Der zweite Teil de Psalms, das Allegretto con grazia und die dreiteilige Schlußfuge mit dem durch acht zusätzliche Bläser intonierten, von der Höhe der Orgelempore hineinschmetternden Reformationschoral, geriet durchsichtiger und plastischer. Für die Interpretation der VII. Symphonie von Anton Bruckner besitzt Günther Ramin genügend Ruhe, Kraft unci Gewicht der Persönlichkeit. Seine Affini-tät'zur Welt Bruckners ist so groß, wie sie bei einem aus der Welt des Thomaskantors kommenden Musiker zu der des Meisters von St. Florian nur sein kann. Daß die beiden ersten Sätze, insbesondere das Adagio (ohne Beckenschlag) besser gerieten als Scherzo und Finale, lag zum Teil an den für das Orchester der Wiener Symphoniker ungewohnt lebhaften Tempi.

Das Programm des vor allem als Stra-winsky-DIrigenten bekannten Igor Markewitsch, dem wir im vergangenen Jahr eine faszinierende Aufführung de „Sacre du prin-temps“ zu danken hatten, war ein Bekenntnis zur europäischen Moderne sowie zu deren Vätern und Ahnherrn. Händel* Con-certo grosso in D — formal eine Synthese von Kirchensonate und Suite — wurde auf „französische Art“ musiziert: mit nachdrücklicher Betonung des affektiven Gehalts, ohne barock - romantischen Uberschwang. Mussorgsky „Bilder einer Ausstellung“ waren durch die sehr geschickt und organisch eingegliederten Intermezzi der „Promenades“ zu einem Ganzen verbunden, dessen spezifisch russische Eigenart auch in dem romanischen Klanggewand Ravels sehr überzeugend zutage trat. Eine virtuose Wiedergabe von drei Tänzen aus Manuel de Pallas .Dreispitz' beschloß den ersten Teil des Konzerts, dessen Kernstück das Cellokonzert von Hlndemith bildete. Das 1940 in Amerika entstandene und beim II. Internationalen Musikfest erstaufgeführte Werk ist sehr typisch, zählt aber nicht zu den stärksten Kompositionen Hindemiths. Ein etwas knalliger, ziemlich dick instiumen-tierter 1. Satz und ein Marschfinale umschließen einen schönen, ruhig-bewegten Mittelteil, der — wie auch die übrigen Sätze — eine wohltuend klare Gliederung erkennen läßt. Den ungewöhnlich schwierigen Solopart, der sich gegen das Orchester (Wiener Symphoniker) stellenweise recht mühsam durchsetzt, spielte der Bruder des Dirigenten, Dimitry Markewitsch.

Mit dem Orchester der Volksoper brachte der ungarische, in Amerika lebende Dirigent Zoltan Fekete ein interessantes Programm: eine aus unbekannten Stücken Händeis zusammengestellte „Triumphal Suite“ und — als Wiener Erstaufführung — Tschai kowskys symphonische Fantasie „Der Sturm“ nach Shakespeare, die zeitlich zwischen der Ouvertüre zu „Romeo und Julia“ und „Francesca da Rimini“ liegt. — Leider blieb uns das Programmheft die Erläuterung schuldig, in welcher Weise Fekete bei der Zusammenstellung der insgesamt neun Händel-Suiten verfahren ist, die er angefertigt hat und die angeblich häufig in Konzerten des Auslandes gespielt werden. Sein Satz klingt gut und stilecht s das Volksopernorchester zeigte sich bei den genannten beiden Werken seiner Aufgabe durchaus gewachsen, während die im zweiten Teil folgende Aufführung der VI. Symphonie von Bruckner manchen Wunsch offen ließ und wieder einmal zeigte, wie schwer Bruckner zu interpretieren Ist.

In einem außerordentlichen Sonntagnachmittagkonzert dirigierte Hans Wolf aus den USA das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester. Mozarts Haffner-Symphonie, die Zweite von Brahms und zwei recht robust klingende Sätze aus dem „Rodeo“-Ballett von A. Copland bildeten das Programm. - Anton Dermota sang eine Arie aus Mozarts „Don Juan“ und Orchesterlieder von Richard Strauß. Der Gesamteindruck, den man von dem Dirigenten empfing, war: guter, talentierter Durchschnitt, mit gelegentlicher Neigung zu dynamischen Ubersteigerungen.

In Ihren Bemühungen, auf die entscheide-den Fragen unserer Zeit Antwort zu geben, stellt die Wiener Katholische Akademie die großen Themenkrei6e „Mensch und Ewigkeit“, .Christus und die Kirche“, „Sinn und Ziel des Menschen und seiner Gemeinschaften“ in den Mittelpunkt Ihrer Vorlesungen im kommenden Semester.

Besonders reichhaltig tit du theologische Vorlesungsprogramm, in diesem behandelt P. Georg Blchlmair S. J. in seiner Vorlesung über .Das Sektenwesen“ nun die außerchristlich™ Sekten, Dr. P. Alfred Focke S. J. setzt seine Vorlesvng .Gott in der Geschichte“ fort und Dr. P. Alois Kubischok S. V. D. untersucht in seiner Vorlesung .Mensch und Ewigkeit“ die Fragen der Eschatologie des Einzelmenschen. Dr. P. Nikolaus Geyer S. V. D. gibt in seiner grundlegenden Vorlesung .Werden und Geschichte, Wesen, Macht und Geheimnis der Bücher des Neuen Testaments“ eine bedeutsame Einführung. Daran anschließend führt Dr. P. Lambert Ko S. V. D. in das „Werden, Sein und Ziel unserer Kirche“ ein. Univ.-Prof. Dr. Franz Loidl vollendet mit .Kirchengeschichte der Neuzeit“ seine Einführung in die Kirchengeschi hte, während Univ.-Prof. Dr. P. Johannes Thauren S. V. D. in .Messianismus und Prophetentum als geistige Bewegung in der jüngsten Missionsepoche“ eines der interessantesten Themen der Missions- und Geistesgesdrchte behandelt. In einem theologischen Seminar wird von Univ.-Prof. Dr. Albert Mitterer die auf jüngsten Forschungsergebnissen ruhende .Weltbildvergleichende Einführung in die ,Summa Theo-logica' des heiligen Thomas von Aquin“ fortgesetzt. Eine eigene Vortragsreihe ist Clemens Maria Hofbauer gewidmet, dessen Leben, Wirksamkeit und Bedeutung in. drei Vorträgen von Dr. P. Eduard Hnsp C. Ss. R., Univ.-Doz. Dr. Rudolf Till und Univ.-Prof. Dr. P. Johanne Thauren S. V. D. gewürdigt wird.

In der Sektion Philosophie bringt Univ.-Prof. Dr. Friedrich Billicsioh seinen Zyklus über die Geschichte der christlichen Philosophie mit der Vorlesung über .Die Scholastik“ (Hoch- und Sp&tscholastik) zum Abschluß. Univ.-Prof. DDr. Leo Gabriel behandelt in seiner .Ethik“ die heute so brennenden Fragen der Ethik des Gemeinschaftslebens, während Prof. Dr. Irmgard Gindl .Fragen der allgemeinen Psychologie“ behandelt. In zwet Einzelvorträgen über .Philosophie als Weg zur Heilsgewißheit“ behandelt Dr. Edmund Stur Denker wie Sartre, Camus, La Bataille, Marcel und Lavelle.

Im Bereich der Pädagogik umreißt Ministerialrat Dr. Heinrich Peter .Das pädagogische Profil der Gegenwart“, während Univ.-Prof. Dr. Willibald Kammel die .Geschichte des österreichischen Bildungswesens unter besonderer Berücksichtigung der grundlegenden Verdienste der katholischen Kirche um das Bildungswesen“ behandelt. In einem Pädagogischen Seminar setzt Ministerialrat Dr. Peter die Behandlung der .Christlichen Erziehungswissenschaft“ fort.

In der Sektion Geschichte werden von führenden Forschern die Themen .Geschichte Österreichs unter Friedrich III.“ (Oberarchivrat Dr. Walther Latzke), .Österreich unter Franz Joseph I., 1848—1878“ (Univ.-Doz. Dr. Alexander Novotny) und .Schicksalsfragen der Donaumonarchie“ (Univ.-Prof. Dr. Karl Eder, Graz, Univ.-Prof. Dr. P. Ferdinand MaaS S. J., Innsbruck, Univ.-Prof. Dr. P. Hugo Hantsch O. S. B.) behandelt.

In der Literaturwissenschaft hält Univ.-Prof. Dr. Josef Nadler eine Vorlesung über .Religion und Dichtung von Hölderlin bis Rilke“, während Dr. P. Alfred Focke S. J. in seinem Seminar über .Ein dritter Humanismus“ das Werk Werfeis, Hesses und Wiehert* untersucht. In drei Vorträgen über .Das Bild der Zukunft im Roman der Gegenwart“ behandelt Dr. Viktor Suchy die visionären Romane unserer Zeit. Professor Andre Esplau de La Maestre gibt in seiner Vorlesung .Charles Peguy ecrivain et prophete. Le Probleme religieux dans le theatre francaise contemporaln“ eine Einführung in die religiöse Problemlage des zeitgenössischen französischen Theaters.

In der Kunstwissenschaft werden in einer Vorlesung von Dozent Dr. Walter Buchowiecki .Die kirchliche Baukunst Oberitaliens“, von Univ.-Prof. Dr. Bruno Grimschitz in drei Vorträgen Themen der sakralen Barockkunst, und von Univ.-Prof. Dr. Karl Oettinger .Die Anfänge der gotischen Plastik in Österreich“ in zwei Vorträgen behandelt. Uber .Bühnenbild und Bühnenkunst“ spricht in einigen Vorträgen Hochschuldozent Dr. Gottfried Neumann-Spallart.

Univ.-Prof. Dr. Leopold Nowak gibt in der Sektion Musikwissenschaft eine Einführung in das Musikdrama Richard Wagners und dessen weltanschauliche Problematik. In drei Vorträgen werden von Univ.-Doz. Dr. Franz Zagiba .Die Anfänge des Musiklebens in Österreich“ behandelt.

Weltanschaulich wichtige Fragen der Naturwissenschaften werden in den Vorlesungen „Entwicklung, Vererbung und Schöpfungsgedanke“ (Univ.-Prof. Dr. Felix Miin), .Weltbild und Weltanschauung, Naturerkenntnis, Kausalprinzip, Vom Sein zum Sinn“ (Prof. Dr. Alfred Holländer), „Moderne Kos-mogonien“ (Univ.-Doz. Dr. Konradin Ferrari d'Occhieppo),Eiweißbiologie und Deszendenzlehre“ (DDr. Rosina Zdansky) eingehende Darstellung und Behandlung finden.“Sehr reichhaltig ist auch das Vortragsprogramra der Sektion Pastoralmedizin, das eine Vorlesung über .Psychische Hygiene, Probleme des Selbstmordes und der psychischen Depression' von Dr. Erwin Ringel, •in Seminar über .Praktische Fälle aus dem Gebiete der Ärztlichen Ethik“, unter Leitung von Univ.-Doz. DDDr. Albert Niederraeyer und eine Vortragsreihe umfaßt, in der namhafte Forscher und Ärzte über zeitwichtige Probleme der Medizin sprachen werden.

In einer eigenen Vortragsreihe werden die Existenzfragen des Mittelstandes von führenden Gelehrten und Fachleuten (Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Degenfeld-Sdion-burg, Ministerialrat Eduard Tonnschek, Hochschulprofessor Dr. Walter Heinrich, Landesinnungsmeister Doktor Pius Prutscher und Zentralsekretär Erich Kabesch) behandelt. Ebenso zeitnahe ist die Vortragsreihe Die Persönlichkeit in unserem Verfassungsleben* Ton Bundesrat a. D. Ministerialrat Dr. Josef Tzöbl. — Viel Interesse wird die Vortragsreihe .Des Heilige Land' finden. — Die Einzelvorträg sind dem Gedächtnis und dem Werk bedeutender Persönlichkeiten unseres Landes und weltanschaulich wichtigen Einzelfragen gewidmet. Es werden sprechen: Dr. Hans Vogelsang, Professor Dr. Walter Kornfeld, Dr, Kurt Skalnik, Univ.-Prof. Dr. Fritz Schacheimeyr, Dr. Egon Cäsar Conte-Corti, Rektoratsdirektor Dr. Franz Klein, Graz, Kustos Dr. Rupert Feuchtmüller und Univ.-Prof. Doktor Andreas Ivanka.

Einschreibunnn für das Sommersemester 1951 ab 1. März 1951 täglich von 9 bis 12 und 14 bis 18 Uhr im Sekretariat der Wiener Katholischen Akademie, Wien I, Freyung 6f I. Stiege. Vorlesungsbeginn Montag, den 5. März 1951. Vorlesungsverzeichnisse ab 20. Februar im Sekretariat.

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