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die österreichisch-ungarische Monarchie als ein Musterbeispiel übernationalen Zusammenhalts in Europa
darzustellen. Sie war lange das entscheidende Moment des europäischen Gleichgewichts. Lord Palmerston würdigte dies bereits kurz nach dem Regierungsantritt Kaiser Franz Josephs und Winston Churchill brandmarkte die Zerstörung der Monarchie als entscheidenden politischen Fehler. Der Vortragende würdigte dann alle Versuche, die Donaumonarchie wenigstens in ihrem Rahmen zu erhalten. Die Lösung von Kremsier 1849 bis 1852 hätte den Nationen Mitteleuropas erheblich günstigere Entwicklungsraöglichkeiten geboten als die heute bestehenden höchst ungleichen Machtverhältnisse. Noch 1917 dachte man an eine trialistisrh-großöster-reichische Lösung, wie das bekannte Angebot Feldmarschall Smuts' an den österreichischen Außenminister Graf Czernin beweist. Das Festhalten am Bündnis mit Deutschland verhinderte sie. Es ist ratsam, bei allen europäischen Ein i g u n g s b es t r e b u n-gen die Erfahrungen und das Schicksal Altösterreichs gründlich zu studieren.
Zwei Schweizer Referenten breiteten ein gemessen Stück „Glück in der Weltgeschichte“ aus. Prof. Dr. W. Oswald (Fribourg) erläuterte die Eidgenossenschaft als gewachsene Demokratie. Prof. Dr. Spieß (Brig), der andere Schweizer Dozent, erläuterte überzeugend die völkererziehende Kraft der Geschichte.
Zum Abschluß der Historikerwoche sprach der französische Professor Robert Comte d'H a r c o u r t (Paris). Mit ergreifender Bescheidung und Würde behandelte dieser große und verstehende Vorkämpfer einer deutsch-französischen Versöhnung die Ursachen und den möglichen Abbau des Mißtrauens zwischen Franzosen und Deutschen. Intensiver Kontakt des bonne Allemagne mit allen Gutwilligen in Frankreich, unermüdliche Aufklärung und Sichkennenlernen mögen hier Wandel schaffen. Möge auch weder Klage noch Kritik sich zu Verallgemeinerungen verleiten lassen.
Eine abschließende Diskussion zwischen Prof. D e m p f (München) und Dozent Dr. Heer bewegte sich um das Problem „Das Heilige Reich im Urteil der Zeit“. Prof. Dempf, voll der Lust an heiterer Sprache, explizierte sehr ausführlich in sieben Thesen seine Auffassung vom Sacrum Imperium, das er funktional in sacerdotium, imperium und Studium aufzugliedern pflegt. Als er auf das Studium zu sprechen kam, flammte seine mit großem Beifall aufgenommene Rede zu einem sarkastischen Protest gegen die unverantwortliche Kulturpolitik der heutigen Regierungen an, die den fünften Stand, den der zwangsweise verproletarisierten Intellektuellen, demnächst zwingen werde, zur Selbsthilfe zu greifen.
Der Redner forderte ein eigenes selbständiges Recht der geistig Schaffenden — und w i r können nur wünschen, daß. solche Sirenen auch diesseits der österreichischen Grenze gehört werden, solange es noch Zeit ist.
Glanzvolles Niveau, intensive Beteiligung der Hörerschaft, darunter mehr als 350 aus der deutschen Bundesrepublik, Gruppen aus den Niederlanden, aus1 Frankreich, Spanien usw., zeichneten diese erste Woche des Kongresses aus. Wonach man vergeblich spähte, das war die Salzburger Intelligenz. Fünf Lehrer, kaum ein Rechtsanwalt oder Arzt wären zu sehen. Man erfuhr, daß die diesjährigen Hochschulwochen eine Zusammenlegung der Bonner mit der Salzburger' Veranstaltung vorstellten. Fürsterzbischöf Dr. Rohrache r, der den Vorlesungen die Ehre häufigen langwährenden Bei-suches gab, veranstaltete in seinen Räumen einen festlichen Empfang für Dozenten und Presse, bei dem eine Ehrung' Prof. Bernharts anläßlich seines 70. Geburtstages stattfand. Der Fürsterzbischof erhob auf einer Festveranstaltung nachdrücklich die Forderung, die' alte Salzburger Universität als gesamtkatholische Universität zu restituieren.
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