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Das neue geistige Gesicht der Hochschule

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Stellte Prof. Arnold Forderungen auf, die praktisch erst in Zukunft erfüllt werden können, so beleuchtete Prof. Dr. P. Suso Braun eindringlich die gegenwärtige Situation der Hochschulen, allerdings in Beschränkung auf die Universität Innsbruck. Rein äußerlich ergibt sich für diese Hochschule ein besonders einheitliches Bild. 84 Prozent der Studenten gehören der katholischen Kirche an. Nur 122 von 3614 Studenten sind aus der Kirche ausgetreten, beziehungsweise „gottgläubig“. Wenn man in Erwägung zieht, daß gerade diese Generation von der Abfallspropaganda besonders angesprochen wurde, wundert man sich, daß die Zahl der Gottgläubigen nicht größer ist. Allgemein kann man feststellen, daß die religiöse Situation an den Hochschulen weit besser ist als beim Durchschnitt der akademischen Jugend in den letzten 50 Jahren. Besonders seit 1945 ist ein totaler Wandel eingetreten. Die geistigen Strömungen, die vor zehn Jahren noch unsere Hochschulen beherrschten, sind völlig verschwunden. Christ und Christentum werden wieder ernst genommen. Fraglich ist allerdings, wieweit diese Haltung über bloßes Wohlwollen und Gönnerhaftigkeit hinausgeht. Die Kirche dürfte oftmals lediglich als Kulturfaktor gelten, als letzter Ausweg aus einer allgemeinen Verfahrenheit. Mit dieser Wandlung geht aber leider auch eine gewisse Abstumpfung Hand in Hand. Die

Jugendbewegung, die die studentischen Kreise vor 1933 in Deutschland und später in Österreich aufgewühlt hat, ist vollständig versickert. Die frühere Organisationsfreude hat einer ebenso fanatischen Organisationsablehnung Platz gemacht. Man geht ausgetretene Geleise und begnügt sich in geistiger Bildung mit dem absolut Notwendigen. Auffällig ist der Mangel an jungen Menschen, von denen gemeinschaftsbildende Kraft ausgeht. Auch in dem religiösen Sektor der Studentenschaft ist bezeichnend die dreifache Flucht des Menschen unserer Tage: die Flucht vor der Gemeinschaft überhaupt, die Flucht vor der Politik und die Flucht zum Teil vor der, zum Teil in die Kirche. Die Kirche gilt dann nur als kollektives Beruhigungsmittel für Bedrohte. Alles in allem wäre es verfrüht, anzunehmen, daß in Zukunft die Intelligenz das soziologische Rückgrat des Christentums in Österreich sein würde. Dennoch ist eine bedeutende Besserung festzustellen — etwa auch - in der Selbstverständlichkeit liturgischer Haltung oder in einer gewissen ungestümen missionarischen Begeisterung. Vor allem ist die Feststellung interessant, daß jene Bewegung, die einst von den Hochschulen her erst das Bürgertum und dann den Arbeiter erfaßte und die zum Massenabfall führte, zum Stillstand gekommen scheint und es nicht mehr zum guten Ton der Vertreter des Geistes gehört, sich zum Materialismus, das ist zum Prinzip des Ungeistes, zu bekennen.

Ehe folgenden Referate der beiden ersten Tage vermittelten einen weiteren Einblick in die Bestrebungen der deutschsprachigen Länder, wobei Prof. Dr. Pfliegler und Prof. Dr. Fr. Mittelstedt Österreich, Prof. Df. Emmenegger, Fribourg, die Schweiz, und Dr. Klemens T i 1 m a n n, Leiter der Katechismuskommission München, wie Prof. Dr. W. Bur gardsmeier, Albertshausen, Deutschland vertraten. Der dritte und vierte Tag brachte den Kontakt mit den Erfahrungen des fremdsprachigen Auslands. Als erster berichtete Chapl. Viktor J. D o 9 s o g n e, US Army, Nürnberg, über den „Versuch moderner katholischer Erziehung in Amerika“. Großes Interesse fanden die Ausführungen von Kan. Doktor Arthur Elchinger, Leiter des bischöflichen Amtes für Erziehung und Unterricht im Elsaß, über „Neue Reformversuche moderner katholischer Erziehung in Frankreich“. Auch die Referenten P. C. De 1-

c u v e S. J., Brüssel, und Dr. O. W. B 1 e ß S. J„ Maastricht, zeigten große Aufgeschlossenheit für die heutigen Bedürfnisse.

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