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VON NEUEN BÜCHERN

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Zu Rudolf Kißling: Die Revolution im Kaisertum Österreich 1848 49. Erster Band mit Beiträgen von J Diakow, M. Ehnl, G. Hubka und E. Steinitz. XVI und 365 Seiten. Mit 16 Bildtafeln und 5 Kartenbeilagen. Zweiter Band mit Beiträgen von M. Ehnl, G. Hubka und E. Steinitz. XI und 368 Seiten. Mit 8 Bildtafeln und 12 Kartenbeilagen. Universumverlagsges. m.b.H., Wien 1948.

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Zu Rudolf Kißling: Die Revolution im Kaisertum Österreich 1848 49. Erster Band mit Beiträgen von J Diakow, M. Ehnl, G. Hubka und E. Steinitz. XVI und 365 Seiten. Mit 16 Bildtafeln und 5 Kartenbeilagen. Zweiter Band mit Beiträgen von M. Ehnl, G. Hubka und E. Steinitz. XI und 368 Seiten. Mit 8 Bildtafeln und 12 Kartenbeilagen. Universumverlagsges. m.b.H., Wien 1948.

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Mit diesem stattlichen Werk dürfte die literarische Ernte der Hundertjahrfeier des Sturmjahres 1848 ihren Höhepunkt erreicht haben. Kißlings Buch zeigt in verschiedener Hinsicht ein scharf profiliertes Gesicht und unterscheidet sich wesentlich von den früher erschienenen kleineren Arbeiten von Endres, Fischer und Novotny. Um zeitgerecht herauszukommen, hat der Verfasser vier Kameraden, die an einem früheren kriegsgeschichtlichen Werk mitarbeiteten, herangezogen. Das Inhaltsverzeichnis fügt jedem Kapitel den Namen des Autors bei. Die Autoren entstammen dem Offizierskorps der ehemaligen Habsburgermonarchie. Sie dienten diesem Reiche, verbrachten viele Jahre in seinen Ländern und lernten die Schauplätze seiner Geschichte und die Denkweise der verschiedenen Völker aus eigenem Erleben kennen. Im Vorwort bemerkt der Verfasser: „Es erscheint auch vom Standpunkt des Fachhistorikers aus sicherlich nicht wertlos, wenn neben dem Tatsachenmaterial noch einmal die Stimme des alten Reiches selbst über eines der letzten bedeutendsten Ereignisse seiner Geschichte vernehmbar und kommenden Geschlechtern überliefert wird.“ Bei solchem Sachverhalt ist es verständlich, daß der Schwerpunkt der Darstellung im Militärischen liegt, während die politische Geschichte als Umrahmung, Hintergrund und Verbindung des Textes erscheint. Trotz dieser Anlage ist durch die klare Darstellung und die gute Lesbarkeit ein Text entstanden, der sich wie die Arbeit eines Verfassers ausnimmt.

Das Buch stützt sich in erster Linie auf aktenmäßig gearbeitete oder von Zeitgenossen geschriebene Literatur und zieht Quellen, besonders des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, nur zur Ergänzung heran. Im Verzeichnis der benützten Behelfe müßten allerdings diese Akten als ungedruckte Quellen an erster Stelle angeführt werden, während die gedruckte Literatur als Darstellungen an die zweite Stelle gehört. Es finden sich darunter auch Werke in französischer, italienischer, ungarischer, englischer und kroatischer Sprache.

Der erste Band schildert die Ursachen und den Anlaß der Erhebung, die Wiener Revolution in ihren drei Phasen (Märzrevolution, Maiereignisse, Oktoberrevolution), die Revolution sn Oberitalien, die militärischen Unternehmungen Österreichs unter Radetzky, den Bürgerkrieg in Ungarn und die Parlamentsbildungen in Paris und in Frankfurt a. M. Der zweite Band geht ausführlich auf den mißglückten Kampf gegen die ungarische Revolution im Winter und Frühjahr 1849 ein, stellt den Feldzug gegen Pie-

tnont dar und schließt mit dem österreichischrussischen Waffensieg über Ungarn. Das Verebben der Revolution in Deutschland und ein Gesamtsituationsbericht über die Lage nach der Revolution runden das Bild ab. Die von Paris ausgegangene revolutionäre Bewegung hatte ganz Mitteleuropa erfaßt, aber keinen Staat so bis in seine Grundfesten erschüttert als die Donaumonarchie.

Der Verlauf der Revolution gestaltete sich jedoch in den einzelnen Ländern verschieden. Während es in den deutschen Ländern und in Böhmen zu einer stufenweisen Entwicklung in Richtung Konstitution kommt, bis die Oktoberrevolution den Völkern die Errungenschaften wieder aus der Hand schlägt, erringen die Ungarn im Anschluß an ihre Feudalverfassung beim ersten Anlauf einen Staatsdualismus. Auch hier entscheidet aber letzten Endes Mars gegen die Wünsche der Kossuthpartei und führt einen Zustand herbei, der später zum Ausgleich von 1867 und in weiterer Folge zum Zerfall der Donaumonarchie führte. Vorläufig hatte die Armee der Krone das Reich zurücfcerobert und fühlte sich als der eigentliche Sieger. Von einer wahren Befriedung konnte freilich keine Rede sein, denn das Anliegen der Revolution des Jahres 1848 ging nach drei verschiedenen Richtungen: Anteil der Völker an der Verfassung, Nationalitätenrecht und — im Abstand — Lösung der sozialen Frage, die durch die große Französische Revolution und durch die von England ausgegangene industrielle Revolution Europa allmählich in den Zustand einer Dauerrevolution versetzt hatte.

Heute liegt das Zusammenspiel der einzelnen Kräfte klar vor unserem Auge, wir erkennen, was geschah, was geschehen hätte sollen und was versäumt wurde. Kißlings und seiner Mitarbeiter Werk führt mit seinem Tatsachenmaterial, das es ausbreitet, durch sein Bemühen um gerechtes Urteil, durch seine Sachlichkeit und durch viele Bemerkungen, die eben nur genaue Kenner abgeben können, in eine heute bereits der Geschichte angehörige Epoche sehr gut ein. Das Werk wird nicht den Anspruch erheben, das einzige und das erschöpfende über 1848 zu sein. Aber es beleuchtet vorzüglich den Gang der Ereignisse und sagt, wie es eigentlich gewesen ist. Insoweit führt es über die einschlägigen Werke von Helfert. Friedjung, Srbik und Veit hinaus. Die harte Schule nach 1918 und der nötige Abstand zu gerechter Beurteilung haben heute die Betroffenen und darüber hinaus — wenn Palackys Wort zu Recht besteht — alle Europäer über den Wert und die Aufgaben eines Donaustaates eines Besseren belehrt. Das, was damals als Rest und Ausgang einer einst glanzvollen Entwicklung erschien, entpuppt s'ich nach

Reinigung der historischen Atmosphäre als Ansatzpunkt einer neuen, größeren, ganz Europa umfassenden Konzeption. Als eine Hoffnung. Diesem ne-uerwachten Interesse kommt dieses Buch, ob gewollt oder ungewollt, entgegen. Es wird ohne Zweifel sehr aufmerksame Leser finden.

Univ.-Prof. DDr. Karl Eder (Linz)

Von der Wildheit zur Zivilisation. Von Grahame Clark. Verlag „Neues Österreich“. Wien 1948. Phönix-Bücherei. Herausgeber Dr. W. Hollitscher.

Die Broschüre will für weitere Kreise eine Ur- und Vorgeschichte des Menschen geben. Tatsachen der Prähistorie und der Ethnologie werden zusammengefügt in das reichlich veraltete evolutionistische Schema der Dreistufenlehre: Wildheit — Barbarei — Zivilisation. Wir begegnen damit dem etwas modifizierten und erweiterten Schema E. L. Morgans (Ancient Society, 1877) wieder. Der Fülle von Einzeltatsachen, die in manchen Fällen gut gesehen und auch richtig beurteilt sind, fehlt im ganzen jegliche historische Betrachtungsweise. Dem ältesten Menschen (auf der niederen Stufe der Wildheit) mangelt das rationale, kausal-logische Denken. Die geistige Entwicklung verläuft von der Magie über die Religion zur Wissenschaft. Gleichfalls im vollen Gegensatz zu den prähistorischen wie auch ethnologischen Tatsachen steht im Altpaläolithikum der Kannibalismus „in vollblütiger Weise“ da und ist im Jungpaläoüthikum nur noch abgeschwächt vorhanden. Die enge Verbindung von Kannibalsmus und Kopfjagd wird nicht gesehen. Von der Nichtbestattung der Toten, die der Mensch der niederen Wildheit angeblich noch nicht vom Lebendigen unterschied, geht die Entwicklung über die „formelle Bestattung“ des Neandertalers zur zeremoniellen Bestattung des Jungpaläolithi- kums. Widerspruchsvoll heißt es von den Frauenstatuetten, sie seien keine Kultgegenstände, dann doch, sie seien als Quelle der Fruchtbarkeit und des Wachstums im frühesten Bauerntum ungesehen worden. Tatsächlich sind sie schon in ihren frühesten Formen (Venus von Willendorf) Vorläufer der Muttergottheiten der mutterrechtlichagrarischen Kulturen.

Univ.-Prof. DDr. L. Walk

Betrachtungen für alle Tage des Kirchenjahres. II. Epiphanie. Von Richard Schmitz. Verlag Herold, Wien 1938. 110 Seiten. Preis S 9.50.

Unsere Zeit hat Sonderbarkeiten genug. Zu den rühmenswerten gehört, daß der Altbürgermeister einer Großstadt ein Betrachtungsbuch herausgibt, und zwar ein originelles und gehaltvolles. Was diese Betrachtungen besonders auszeichnet, ist, daß sie ganz aus der Zeit und auf die Zeit geschrieben sind und deshalb so sehr ansprechen. Schmitz verbindet exaktes theologisches und exegetisches Wissen mit aufgeschlossener Kenntnis des modernen Menschen und versteht meisterhaft, Altes und Neues ungezwungen zu kombinieren. Auffallend ist die praktische Auswertung der Betrachtungen. Der

Verfasser ist immer bestrebt, den Betrachtenden anzuregen und ihm Tag für Tag in der inneren Entwicklung behilflich zu sein. Obgleich in erster Linie für die Menschen in der Welt verfaßt, werden auch Priester und Ordensleute diese Betrachtungsbüchlein, die nach und nach das ganze Jahi umfassen werden, dankbarst benützen. Das vorliegende Büchlein umfaßt die Zeit vom 1. Jänner bis zum Sonntag Septua- gesima. Msgre. DDr. Franz D o m a n i g

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