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Schweizer Graphik und österreichische Architektur

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Abermals stellt die A1 b e r t i n a einen neuen Kontakt mit den schöpferischen Kräften des Auslandes her: in Zusammenarbeit mit der „Pro Helve-tia“-Stiftung zeigt sie eine nicht große, aber recht ansehnliche Ausstellung moderner Graphik aus der Schweiz.

Es ist freilich immer ein wenig schwierig, aus einer verhältnismäßig begrenzten Kollektion das jeweils Typische und Spezifische zu erkennen; aber wenn uns nicht alles, wenn uns nicht auch das Beispiel der Schweizer Gebrauchsgraphik täuscht, dann ist das „typisch Schweizerische“ an diesen Arbeiten ihre ungewöhnliche, ja bewunderungswürdige Solidität: das ist alles, nicht nur im technischen Anteil, sauber, kompakt und präzis, und sogar etwelche fremde Einflüsse erscheinen nur in gewissenhafter und bedächtiger Verarbeitung. Das gilt auch für den bedeutendsten unter den uns bekannten Schweizer Graphikern der Gegenwart, Max Hunziker, und seine schonen großen Blätter voll lyrischer Schwermut, die wie in der Meditation geschaffen sind, das gilt für die Blätter Fritz Paulis, aber auch noch für die Arbeiten Hans Fischers, der aus zarten und eigentlich abstrakten Strichgebilden doch recht solide Spitzendeckchen zusammenhäkelt. Die Zeichner romanischen Namens .treten in diesem Ensemble in den Hintergrund. Bei aller Kultiviertheit und aller Intelligenz: da ziehen wir doch die Pariser Originale vor...

Etwa zwanzig Blätter Paul Krees - ach ja, Klee war ja Schweizer! — stehen wie augenblickslang sichtbar gewordene Tagträume in dieser so sehr realen, dem Dinglichen zugewandten Umgebung. Sie zu besichtigen sei vor allem jenen empfohlen, denen diese Schlüsselfigur der echten Moderne noch fremd ist; eine kluge Auswahl und Reihung nämlich sorgt dafür, daß die Entwicklung dieses Meisters von seiner frühen und vergleichsweise noch realistischen Phase um 1905 über ein spätimpressionistisches Intermezzo um 1910 bis zu den sozusagen nur mehr intelligiblen Blättern der späteren Zeit verfolgbar und darum auch dem Nichtkenner einsichtig und verständlich wird.

Die österreichische Sektion des CIA M — der internationalen Vereinigung

moderner Architekten - hat im Säulensaal des Kunstgewerbemuseums mit wenigen Mitteln und viel Geschicklichkeit eine hauptsächlich aus Photos bestehende Ausstellung aufgebaut, die über einen Teil des österreichischen Bauschaffens seit 1945 befriedigende Auskunft gibt. Vieles davon hat man schon auf seinen täglichen Wegen, das meiste schon in anderen Ausstellungen gesehen. Aber diese Aneinanderreihung wirkt gleichwohl neu, weil sie uns zu beweisen scheint, daß nach langem Zögern — und sicherlich unter vielen Hindernissen — eine gemäßigt moderne Architektur auch in Oesterreich endlich festen Boden faßt: eine den Lebensverhältnissen eines armen Landes angepaßte sparsame, aber freundliche Bauart, die durch Anmut die Armut Wettzumachen und aus dem Zwang zur Einfachheit eine Tugend zu machen sucht. Da ist noch einmal das Strandbad Gänsehäufel von Max F euerer — in vielen Hinsichten eine erstrangige Leistung —, das schone Lehrlingsheim von Roland Rainer (von dem man möglicherweise erwarten darf, daß er eines Tages die zentrale Erscheinung unter den österreichischen Baukünstlern sein wird), da ist die geschickte „espressionistische“ Lösung, die Norbert S c h 1 esinger für das SAS-Büro am Opernring gefunden hat, und ein freundlicher Kindergarten von Grete S c h ü 11 e - L i h o t z k y; auf ein wenig auffallendes Lichtbild sei verwiesen: es zeigt eine besonders geschickte Innenraumgestaltung von Monika E u 1 e r. Von dem Modell einer Spielplastik Heinz Leinfellners wäre dringend zu hoffen, daß es ausgeführt wird — derartiges gehört schon längst auf die Wiener Kinderspielplätze und nicht nur in ein modernes Strandbad.

Freilich, so schön schaut's, in summa, gewiß nicht aus in der Bautätigkeit Oesterreichs: wollte man all die spätdiktatorialen Bahnhofsfassaden, die steildachigen Gemeindebauten und die im Poliergeschmack errichteten Kleinhäuser dazunehmen, die ja auch und allerorten gebaut wurden — es würde einem das Herz recht schwer...

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