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Eine österreichische Rarität

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Zeitungen mit einem festumrisse-nen weltanschaulichen Profil werden in Österreich immer seltener. „Die Furche“ hat 20 Jahre hindurch ihr Profil gepflegt und unverändert erhalten: eine österreichische Leistung und eine österreichische Rarität im besten Sinn. Die Treue zur Idee verleitet freilich nicht selten zur Einseitigkeit. Unter Umständen kann diese Einseitigkeit eine Tugend sein. Man kann sie aber auch übertreiben. „Je einseitiger, desto besser“: in diesem Sinn wird Einsichtslosig-keit mitunter mit Grundsatztreue verwechselt.

Für „Die Furche“ beginnt der Mensch oft erst bei der christlich-sozialen oder der sozialistischen Gesinnung. Was dazwischen liegt, ist vom Bösen. Und: „Der Feind steht rechts.“ Unter diesem Schlachtruf kämpft „Die Furche“ seit 20 Jahren, als ob es die Idee des Christentums nur gegen diese Seite zu verteidigen gäbe, nicht aber gegen die atheistische Weltmacht des Kommunismus. Mit der Kritik an den linksorientierten Parteien, einschließlich den Kommunisten, ist „Die Furche“ immer auffallend sparsam gewesen. Liberale „Abweichungen“ im eigenen Lager, woruhter in erster Linie die ÖVP zu verstehen ist, fordern den Kampfgeist der „Furche“ meist viel stärker heraus als Provokationen von links.

Dennoch hat sich „Die Furche“ meines Wissens immer dagegen gewehrt, als linkskatholisches Organ bezeichnet zu werden. Ihre Argumente gegen das freiheitliche Bevölkerungselement, die Gleichsetzung von „national“ mit „nationalsozialistisch“ stammen freilich aus den Regionen der äußersten Linken. Hier ist bekanntlich das katholische Bekenntnis kein Hindernis für die geistige Übereinstimmung in bestimmten weltanschaulichen Fragen.

Aber es gab Zeiten, in denen sich „Die Furche“ trotzdem bemühte, auch dem ihr so wenig geistesverwandten freiheitlichen Lager Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Diese Zeiten liegen freilich schon sehr weit zurück. Ich erinnere mich an einen Aufsatz der „Furche“ anläßlich der Bundespräsidentenwahl 1957. In der Ausgabe vom 25. Mai konnte man damals den bemerkenswerten Satz lesen, „daß es gleichsam in der Natur unserer Politik gelegen ist, daß es auch Nationale in unserem Lande gibt und daß sie sich in einer Partei vereinigen wollen. Warum läßt man den Menschen, die national sein wollen, nicht ihre eigene Partei? Eine Partei, die allen Alles sein will, verliert das Gesicht“. Die Mahnung des letzten Satzes war an die Adresse der ÖVP gerichtet. Seither haben wir freilich nicht den Eindruck gewonnen, daß „Die Furche“ neben Rot und Schwarz noch einen dritten politischen Bereich gelten läßt, daß sie zwischen Rechts und Links das Lebensrecht der politischen Mitte anerkennt. Immerhin aber kämpft sie mit offenem Visier. Man weiß bei diesem Blatt, woran man ist. Wenn uns auch sonst nicht ziel verbindet: Was die Aufiichtig-seit des Bekenntnisses betrifft, kann „Die Furche“ unserer Wertschätzung sicher sein.

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