7060415-1991_34_03.jpg
Digital In Arbeit

Gefährliche Doppelconference

Werbung
Werbung
Werbung

Armer Ferdinand. Finanzminister Lacina verzweifelt allmählich an der Spar-Unlust seiner Ministerkollegen. Er mußte sogar einen Brief an die Ressortchefs mit „Orientierungshilfen" für die Durchforstung der Ausgaben schreiben. Allerdings sind darin auch Vorschläge für einen gezielten Griff in die Taschen der Österreicher enthalten. Darunter findet sich nach „profil"-Berichten auch die Einführung von kreditfinanzierten Studiengebühren.

Die Österreicher sollen also zur Kasse gebeten werden, wenn die Minister nicht sparen wollen. Immerhin müssen noch 63 Milliarden Schilling bei den Finanzierungswünschen gestrichen werden, um die nächste Etappe der Budgetsanierung - Senkung der Neuverschuldung auf 62 Milliarden - zu erreichen.

Waren Lacinas Spar-Appelle bis jetzt nicht glaubwürdig genug? Mußte er dieses „Belastungspaket" als Rute ins Fenster stellen? Immerhin weiß die gesamte Regierungsmannschaft, daß das Budget 1992 für sie nicht irgendeine, sondern „die" Bewährungsprobe ist. Einerseits hat man sich im Koalitons-übereinkommen verpflichtet, das Budget schrittweise bis 1992 ausgabeseitig zu sanieren. Andererseits ist es für unsere internationale Reputation - auch in Hinblick auf die EG - gewiß schädlich, wenn die große Koalition von einem selbstgesteckten Budgetsanierungs-Plan ohne zwingende Notwendigkeit ganz entschieden abweicht.

Was soll dann aber die seltsame Doppelconference zwischen Bundeskanzler Franz Vranitzky und Finanzminister Lacina? Der Finanzminister macht - gezielt lanciert -Vorschläge. Der Bundeskanzler schwächt postwendend ab. So geschehen bei der geplanten Erhöhung der Mineralölsteuer und auch beim wilde Proteste hervorrufenden „Belastungspaket". Letzteres wurde vom Bundeskanzler ja ebenfalls als „allerletzte Variante" abgeschwächt. Und die Hochschulgebühren seien ohnehin schon wieder „vom Tisch". Der Bundeskanzler als Beschützer aller Autofahrer, Studenten, Steuerzahler....? Soll das Pluspunkte bringen und die Popularität noch mehr steigern?

Ein solches Spiel könnte verhängnisvoll werden. Sollte ein Griff in die Taschen der Steuerzahler tatsächlich unvermeidlich werden, könnte das leicht ins Auge gehen. Keine Frage, daß dann die überraschend G'schröpften scharenweise ins Lager der FPÖ überlaufen werden. Diese wird ganz gewiß versichern, daß sie als Regierungspartei ohne Steuererhöhungen auskommen kann.

Außerdem wird die FPÖ paktfähig, wenn sie in Zukunft ohne ihr schmollendes Zugpferd und Koalitionshindemis Jörg Haider auskommen muß. Dann werden auch in der Regierung wieder einige mit einer kleinen Koalition liebäugeln. Die großen Herausforderungen - vom EG-Beitritt bis zur Pensionsreform - können aber nur durch eine große Kolation gelöst werden. Mit dieser Rechtfertigung ist die Regierung angetreten. Schafft sie das nicht, wird ihr die Rechnung präsentiert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung