Corona wird zum Prüfstein der EU
Wilfried Stadler über aktuelle Herausforderungen der EU.
Wilfried Stadler über aktuelle Herausforderungen der EU.
Aus der Not eine Tugend zu machen gehört zu den menschlichen Eigenschaften, die uns durch die Evolution getragen haben. Deshalb sollten wir die zuletzt krisenbedingt erhöhte Verschuldungsbereitschaft in den Staatshaushalten sinnvollerweise gleich auch für das Erreichen der Klimaziele nutzen. Die notwendigen Mittel für Forschung, ökologische Projekte und nachhaltige Infrastruktur sind nun – „Koste es, was es wolle“ – jedenfalls deutlich schneller mobilisierbar, als das noch vor einem Jahr denkbar gewesen wäre.
Daraus abzuleiten, dass der Corona-Schock eine „einzigartige Chance“ wäre, wie das zuletzt sogar der sonst so weltkluge Philipp Blom behauptet, ist allerdings wirklichkeitsfremd. Die wirtschaftlichen Folgeschäden samt der Existenzgefährdung von Millionen Mitmenschen sind nämlich so massiv, dass die Weltenrettung dadurch insgesamt wohl eher aufgeschoben als beschleunigt wird.
Konflikte zur Unzeit
Auch konnte sich niemand wünschen, dass sich Corona zu einer EU-Bewährungsprobe ungeahnter Dimension auswächst. Wegen grundsätzlicher Uneinigkeit über die richtigen Rettungsmaßnahmen brechen nämlich derzeit gleich mehrere Konfliktherde gleichzeitig auf. Gerade erst stellte der deutsche Verfassungsgerichtshof mit seinen Einwendungen gegen die für den Zusammenhalt des Euro unverzichtbaren, seit Kurzem faktisch unlimitierten Anleihen-Käufe durch die Europäische Zentralbank zur absoluten Unzeit die bisherige Geldpolitik infrage.
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