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Wunde ist noch unverheilt
Die Katholische Aktion Österreichs (KAÖ) ist keine politische Partei und keine parteipolitische Vorfeldorganisation. Von ihr ist daher auch keine parteipolitische Wahlempfehlung zu erwarten. Die Wahlentscheidung ist ausschließlich Sache jedes einzelnen. Aber es gilt, einige Grundsätze in Erinnerung zu rufen.
Die KAÖ bekennt sich uneingeschränkt zur parlamentarischen Demokratie. Keine Unzufriedenheit mit einzelnen Erscheinungsformen des politischen Lebens darf dazu führen, daß die Demokratie und ihre Einrichtungen als solche in Frage gestellt werden. Eine Verbesserung der Zustände ist nicht durch zersetzende Kritik, sondern nur durch Teilnahme am politischen Prozeß zu erreichen.
Wählen ist für jeden Christen eine moralische Pflicht. Bei dem Bemühen um eine gewissenhafte Entscheidung, die niemand dem einzelnen abnehmen kann, werden Christen neben wahlwerbenden Personen und Parteiprogrammen auch die Erfahrungen der Vergangenheit nicht außer acht lassen. Noch immer ist die Wunde unverheilt, die in der Frage der sogenannten Fristenlösung den Christen zugefügt worden ist. .' Die Zukunft macht neue weittragende Entscheidungen notwendig. Die Wahrung von Menschenwürde und Menschenrechten wird weltweit immer mehr als Aufgabe erkannt. Österreich muß dazu einen größeren Beitrag als bisher leisten. Das setzt
eine noch bessere Verwirklichung der Menschenrechte im eigenen Land voraus. Jedes menschliche Leben, auch das ungeborene, muß von Staat und Gesellschaft geschützt und gefördert werden. Ehe und Familie müssen wieder einen höheren Stellenwert erhalten. Jede Diskriminierung nach Geschlecht, Herkunft und gesellschaftlicher Stellung ist zu beseitigen. Schule und Bildung dürfen nicht zum Staatsmonopol werden. Jeder hat ein Recht auf angemessene Beteiligung an Entscheidungspro-zessen in Gesellschaft und Wirtschaft. Jeder hat ein moralisches Recht auf sinnvolle Arbeit.
Uber die Verwirklichung solcher Forderungen muß in einem Wahlkampf hart diskutiert werden. Trotzdem darf der Wahlkampf nicht zu einem geistigen Bürgerkrieg führen. Gegnerschaft darf nicht in Feindschaft ausarten. Kritik ist nötig, Diffamierungen sind unverantwortlich. Das Richtige und Gute ist nie nur auf einer Seite anzutreffen. Durch die Aufrechterhaltung persönlicher Beziehungen zu politisch Andersdenkenden sollen gerade Christen dazu beitragen, daß auch nach den Wahlkämpfen des heurigen Jahres wieder eine gemeinsame Arbeit für das gemeinsame Vaterland möglich ist.
Diese Erklärung hat die Konferenz der Katholischen Aktion Österreichs, die am Wochenende in Wien-Lainz tagte, ohne Gegenstimme bei acht Enthaltungen verabschiedet.
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