Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Die Internationale
In seinem Ursprung war der Marxismus, seinen Prinzipien gemäß, notwendig, international. Er war es, weil er in Opposition zur im Staat herrschenden Gruppe stand und schließlich in Opposition zum eigenen Staat ging, jene Freiheit im eigenen Land vermissend, die er im Ausland zu finden vermeinte. Das internationale politische Konzept entspricht zudem der Gesellschaftslehre des Marxismus, der als Heilslehre- sich nicht an zufällige Grenzen binden kann, will er nicht das Phänomen „Proletariat“ als Zufallsprodukt einer bestimmten nationalen Wirklichkeit erscheinen, lassen. Die Realisierung der Ideen des Marxismus scheint ihm nur auf dem Boden der „Gesellschaft“ schlechtweg möglich, sie sei wie immer national . oder völkisch strukturiert. Der Widerspruch von Kapitalismus und proletarischer Seinsweise ist Anzeiger einer gesetzlichen Entwicklung, die nicht im Bereich eines umgrenzten Ortes liquidiert werden kann.
Die Herausbildung einer „Internationale“, ein Werk in Vollendung schließlich nur von den Kommunisten geschaffen, ist die einzige Integration verschiedennationaler politischer Gruppen, eine politische und nicht nur eine geistige Wirklichkeit, ein verbandliches Instrument, wie es sonst nur im Bereich wirtschaftlicher Kooperationen möglich ist.
Heute, nach dem Ausbruch Titos aus den Erscheinungen des Nationalkommunism'us, ist das Gebilde ..Internationale“, wie es kurz nach dem zweiten Weltkrieg als eine Art Superstaat zweiter Ordnung bestanden hatte, schon wieder Geschichte.
Das vorliegende Buch will nun zweierlei sein: Eine Geschichte der proletarischen Internationale und auch eine Darstellung des gegenwärtigen Aufbaues der Internationale. Dabei muß das Wort „proletarisch“ durchweg politisch gedeutet werden und soll keineswegs eine Aussage über den sozialen Status der Angehörigen der Internationale darstellen. Im Wesen ist die Internationale, die sich aus Tradition noch oft eine „proletarische“ nennt, eine Sache von Intellektuellen und Militärs wie Wirtschaftsbürokraten.
Ohne mit seiner eigenen Meinung besonders hervorzutreten, bringt der Verfasser eine Fülle außerordentlich instruktiven Materials. Allein zum dritten Kapitel umfaßt das Belegverzeichnis 56 Seiten. Ein Anhang enthält eine Reihe interessanter Dokumente wie das Statut des seinerzeitigen „Bundes der Kommunisten“ von 1847
Im ersten Kapitel des Buches wird eine Begriffsbestimmung des proletarischen Internationalismus gegeben, im zweiten werden die Wurzeln seines Entstehens bloßgelegt, angefangen vom „Bund der Kommunisten“ bis zur „linken“ Internationale im ersten Weltkrieg.
Das dritte Kapitel präsentiert die Erscheinungsformen der Kommunistischen Internationale, der Kominform und die Entwicklungsformen nach Stalins Tod mit ihren merkwürdigen und dem Laien unverständlichen Wandlungen, die es notwendig machen, daß der Kommunismus sich stets neu interpretiert.
Das Buch ist eine ausgezeichnete Einführung in eine besondere Darstellungsweise des Marxismus. Die angefügten Dokumente tragen zur Anschaulichkeit der Darstellung bei, die auch ein Stück Zeitgeschichte ist und dies um so eindrucksvoller, weil der Autor leidenschaftslos die Fakten selbst sprechen läßt und sich nur auf Interpretationen beschränkt.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!